Essen. NRW will die Befugnisse der Städte bei Tempokontrollen stark ausweiten. Bislang durften Kommunen nur an gefahrträchtigen Stellen messen, künftig soll diese Beschränkung wegfallen. Kritiker befürchten, dass die Städte vornehmlich nach finanziellen Beweggründen entscheiden werden.

Nordrhein-Westfalen verschärft erneut die Jagd auf Temposünder im Straßenverkehr. Städte und Gemeinden sollen ihre Kontrollen künftig stark ausweiten.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) plant ab Sommer eine Verwaltungsvorschrift, die es Kommunen erlaubt, auch in Baustellen, auf kompletten Schulwegen, in Tempo 30-Zonen und straßenbaulichen Engpässen zu blitzen. Sie sollen, ähnlich wie heute die Polizei, generell dort das Tempo messen dürfen, wo häufig gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen verstoßen wird.

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Damit fällt nicht nur die heute geltende Beschränkung kommunaler Tempo-Kontrollen auf schutzwürdige Stellen wie Schulen, Kindergärten und Altenheime weg. Auch „auf den Nachweis, dass es bereits zu Unfällen gekommen ist, wird es künftig ... nicht mehr ankommen“, heißt es in einem Schreiben des Innenministeriums an die Ratsfraktionschef von SPD und Grünen in Gelsenkirchen, Klaus Härtel und Peter Tertocha.

Jäger: "Wir warten nicht erst, bis es Tote und Verletzte gibt"

Innenminister Jäger sagte unserer Zeitung: „Wir warten nicht erst, bis es durch schwere Unfälle Tote und Verletzte gibt. Wir wollen, dass die Kommunen dort die Geschwindigkeit messen dürfen, wo gerast wird“. Die NRW-Polizei mache das seit 2001 – die Zahl der Toten und Verletzten durch Tempo-Unfälle gehe seither zurück. Das Ministerium dringt überdies darauf, dass Städte ihre Mess-Punkte veröffentlichen.

Einer Stadt von der Größe Duisburgs gehen unter den geltenden rechtlichen Voraussetzungen Tag für Tag rund 300 Autofahrer ins Netz, die zu schnell unterwegs sind. 2010 kassierte die Kommune auf diese Weise 1,5 Millionen Euro, nach Abzug der Kosten blieben rund 600 000 Euro. Werden die Städte die ausgeweiteten Möglichkeiten zum stärkeren Geldsammeln benutzten?

BliltzmarathonKritik: "Wird das Konzept umgesetzt, sinkt die Akzeptanz der Kontrollen"

„Wir befürchten, dass Blitzer in Zukunft da aufgebaut werden, wo sie das meiste Geld in die Kassen der klammen Kommunen spülen – und nicht, wo es der Sicherheit der Bürger dient“, sagt Arnold Plickert, NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Wird das Konzept umgesetzt, sinkt die Akzeptanz der Kontrollen. Das schadet der Sicherheit.“ Peter Meintz vom ADAC Westfalen, der Kontrollen grundsätzlich für richtig erachtet, teilt die Kritik – und hält es, wie Plickert, zudem für „pädagogisch wirksamer, wenn nach einer Tempo-Sünde Autofahrer von der Polizei angehalten werden“. Genau das aber könnten Städte nicht.