Berlin..
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit bringt sich gegen die Grünen-Herausforderin Renate Künast in Stellung. Reagiert da etwa jemand nervös?
Knapp ein Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin bringt sich die SPD gegen die vermutliche Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast in Stellung. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte am Donnerstag eine klare Ansage von der Bundestagsfraktionschefin, ob sie 2011 gegen ihn antritt. Zugleich verlangte er von Künast im Falle ihrer Kandidatur eine Entscheidung „ohne Wenn und Aber“. Unterdessen suchen die Sozialdemokraten bei der Programmatik die Offensive.
Nach übereinstimmenden Medienberichten will Künast bei der Wahl am 18. September nächsten Jahres Wowereit herausfordern. Offiziell bekanntgegeben werden soll die Kandidatur, über die bereits seit Monaten spekuliert wird, bei einer Parteiveranstaltung am 5. November im Museum für Kommunikation. Die Bundestagsfraktion der Grünen kommentierte die Berichte auf Anfrage nicht. Künast selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch die Bundespartei schwieg. Hinter vorgehaltener Hand bezeichneten mehrere Grünen-Politiker die Aufregung um die Personalie als unverständlich. Künasts Kandidatur sei schließlich seit Monaten ein „offenes Geheimnis“.
„Künast muss sich ganz der Landespolitik verschreiben“
Der Berliner Parteisprecher André Stephan hatte die Debatte am Mittwoch befeuert, indem er sagte, die Veranstaltung am 5. November werde nicht umsonst einberufen. Die Partei sei bestrebt, „Spekulationen und Gerüchten ein Ende zu bereiten“. Andere Berliner Grüne hielten sich dagegen bedeckt. Die Fraktionschefs Ramona Pop und Volker Ratzmann seien „zum Thema Künast nicht zu erreichen“, sagte eine Sprecherin der Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Wowereit stichelte, die Berliner Grünen könnten „personelle Verstärkung gut gebrauchen“. Insofern wäre Künasts Kandidatur zu begrüßen. Zugleich forderte er von ihr, sich ganz der Landespolitik zu verschreiben und auch im Falle einer Niederlage ins Abgeordnetenhaus einzuziehen, wo sie bereits in den 80er und 90er Jahren unter anderem Fraktionschefin war. Eine „Kandidatur mit Rückfahrkarte in die Bundespolitik“, die sie sich anscheinend offenhalte, schade der Stadt, sagte Wowereit. Der Regierende Bürgermeister spielte damit auf Überlegungen bei den Bundes-Grünen an, Künast eine Rückkehr in die Spitze der Bundespartei zu ermöglichen, sofern sie im Duell mit ihm unterliegen sollte.
Laut jüngsten Meinungsumfragen können sich die Grünen jedoch gute Chancen ausrechnen, bei der Wahl am 18. September 2011 stärkste Kraft zu werden und mit Künast dann auch die Regierungschefin zu stellen. Die Öko-Partei liegt derzeit mit 30 Prozent klar vor der SPD. In Berlin regiert seit Anfang 2002 eine rot-rote Koalition.
SPD vermisst deutliche Positionen
Nach Ansicht von SPD-Landes- und -Fraktionschef Michael Müller haben die Grünen mit den Personalspekulationen um Künast einen Fehler gemacht, weil sie „gezeigt haben, dass sie sehr unernst mit dieser Kandidatur um das Amt des Regierenden Bürgermeisters umgehen“. Es gehe nicht darum, „wo findet Frau Künast die bessere Jobperspektive, auf Bundes- oder Landesebene, sondern es sind auf Berliner Ebene Probleme anzugehen“. Im Wahlkampf müsse es um die inhaltlichen Fragen gehen, die in der Stadt relevant seien. Künast müsse beispielsweise sagen, was sie in der Integrationspolitik vorhabe, wie sie Arbeitsplätze schaffen und was sie in der Bildungspolitik besser machen wolle.
Die SPD sei „sichtlich nervös“, erwiderte Grünen-Fraktionssprecher Matthias Schröter. Sie sollte sich „lieber um ihre Inhalte kümmern“. Die Legislaturperiode dauere schließlich noch ein Jahr.
Erste Grundzüge ihres eigenen Wahlprogramms will die Berliner SPD am Samstag bei einer Klausurtagung des Landesvorstands diskutieren. Wowereit und Müller informieren anschließend über die Ergebnisse. Die Veranstaltung mit rund 40 Teilnehmern in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens in Berlin sei jedoch nicht jetzt erst anberaumt worden, sondern seit langem geplant, sagte eine Parteisprecherin.
Auch Linksfraktionschef Udo Wolf, der Künast als Ex-Grüner gut kennt, vermisst bisher klare programmatische Aussagen der Grünen. Er sagte: „Wenn der Hype um die Kandidatur vorbei ist, können wir endlich über Inhalte reden.“ (dapd)