Düsseldorf. NRW denkt über Alternativen zum Präsenzunterricht nach. Ministerin Gebauer: Für Lehrkräfte soll es weiterhin anlasslose Corona-Tests geben.
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hat (FDP) angekündigt, dass es auch im neuen Jahr das Angebot anlassloser Corona-Tests für Lehrer geben wird. Details werde man zum Jahresbeginn bekanntgeben, hieß es in einem Weihnachtsgruß der Ministerin per E-Mail an alle Schulen in Nordrhein-Westfalen.
Die für das Schulpersonal kostenfreien Tests waren ursprünglich bis zu den vergangenen Herbstferien angesetzt und dann verlängert worden. Nach den Weihnachtsferien soll es auch Schnelltests an Schulen geben, wie die Landesregierung Anfang Dezember mitgeteilt hatte.
Schulministerin: "Festhalten am Präsenzunterricht hat einen Grund"
In ihrer Mail bedankt sich Gebauer bei allen Lehrern - und geht auf Ärger bei Personal und Verbänden ein: Entscheidungen müssten "mitunter auch an Freitagen" kommuniziert werden - "selbst dann, wenn die Kritik daran in Umfang und Schärfe vorhersehbar ist".
Den "Ruf nach frühzeitigen, flächendeckenden Wechselmodellen" für den Unterricht habe man vernommen. Aber: "Unser Festhalten am Präsenzunterricht hatte und hat einen Grund", sagte Gebauer.
NRW: Drei-Stufen-Modell für Unterricht nach den Weihnachtsferien
Zuletzt hatte die NRW-Landesregierung die Schulen am Montag vor Weihnachten auf mögliche Einschränkungen des Unterrichts nach den Ferien vorbereitet. Das dreistufige Modell ist abhängig vom Corona-Infektionsgeschehen und reicht vom Präsenzunterricht über die mögliche Teilung von Klassen in Corona-Hotspots bis hin zu einem „landesweit eingeschränkten Schulbetrieb“ mit Wechselunterricht für ältere Schüler.
„Am Ende eines von der Corona-Pandemie geprägten Jahres geben wir den Schulen damit die Möglichkeit, sich mit genügend Vorlauf auf verschiedene Szenarien für den Schulbetrieb im neuen Jahr vorzubereiten, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).
Ziel: "Größtmögliche Planungssicherheit"
Sie reagierte damit auf die Kritik an der kurzfristigen Informationsweitergabe des Ministeriums an Schulen und Schulträger in den vergangenen Monaten. Mit Vorstellung des Stufenmodells werde dem Wunsch vieler Schulen nach „größtmöglicher Planungssicherheit“ entsprochen, so Gebauer.
In einer Schulmail erklärte Staatssekretär Mathias Richter (FDP), welche „Handlungsoptionen“ nach dem Ende der Ferien ab dem 11. Januar zur Verfügung stehen. Eine Festlegung auf eine dieser Stufen sei derzeit allerdings unmöglich. Am 5. Januar wollen die Ministerpräsidenten und der Bund über das weitere Vorgehen in der Krise beraten. NRW werde dann bis zum 7. Januar über die Ausgestaltung des Schulbetriebs entscheiden.
Zwischen Lob und harscher Kritik
Das Echo auf das Stufenmodell fiel gemischt aus. Besonders hart reagierte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Deren Landesvorsitzende Maike Finnern ist „enttäuscht“. Die drei Szenarien würden nichts Neues bieten und blieben in der höchsten Stufe sogar hinter den aktuellen Einschränkungen des Schulbetriebs zurück.
„Es verfestigt sich der Eindruck, dass das Ministerium den Ernst der Lage ignoriert und nach neun Monaten Pandemie und sich verschärfendem Infektionsgeschehen nur Altbekanntes präsentiert“, sagte Finnern. Sie lobte allerdings die Ankündigung des Ministeriums, alle Lehrer und das sonstige Personal an den Schulen für die Zeit bis zu den Osterferien mit FFP-2-Masken auszustatten.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) erkennt in der Schulmail einen „Fingerzeig in eine Richtung, die Schulen frühzeitiger über Entscheidungswege- und mögliche Szenarien zu informieren“.
„Ehrlich begeistert“ war Martin Sina, Vorsitzender der Rheinischen Direktorenvereinigung der Gymnasien, darüber, dass der Stufenplan die Schulleitungen noch kurz vor der Weihnachtspause erreichte. „Das ist kommunikativ gelungen“, sagte er.
Viel Lob, aber auch harsche Kritik kassierte das NRW-Schulministerium für den vom ihm am Montag vorgestellten Stufenmodell zum Schulstart im Januar. Die Rheinische Direktorenvereinigung der Gymnasien zeigte sich zum Beispiel zufrieden. Harald Willert, Chef der Schulleitungsvereinigung NRW, sieht in der Präsentation des Modells durch die Landesregierung „bestenfalls eine Reaktion auf den ständigen Druck und die Macht der Fakten“. Er glaube nicht, dass dahinter ein „nachhaltiger Lernprozess“ stehe.
Das Modell sieht drei Stufen vor, die abhängig sein sollen vom jeweiligen Infektionsgeschehen in den Kommunen.
Stufe 1: Angepasster Schulbetrieb
Das bedeutet Präsenzunterricht unter Beachtung der Hygieneregeln. In „Einzelfällen“ könnten Schulleitungen auch Distanzunterricht einrichten, wenn anders der Präsenzunterricht nicht aufrecht erhalten werden könne.
Stufe 1+: Angepasster Schulbetrieb in Corona-Hotspots
In Kreisen und kreisfreien Städten mit einer 7-Tages-Inzidenz oberhalb von 200 können die Behörden vor Ort „schulscharf“ den Schulbetrieb einschränken, zum Beispiel die Aufteilung von Klassen in Präsenz- und Distanzunterricht. Die Jahrgänge 1 bis 7 und alle Abschlussklassen sind davon ausgenommen. Auch eine Maskenpflicht für die Klassen 3 und 4 ist möglich.
Stufe 2: Landesweit eingeschränkter Schulbetrieb
Diese Stufe würde in ganz NRW gelten, wenn die Landesregierung sie für erforderlich hält. Ziel sei es – trotz Einschränkung – , den Präsenzunterricht für die Klassen 1 bis 7 „wo immer möglich“ sicherzustellen. Ab Klasse 8 ist Distanzunterricht im Wechsel von Präsenz- und Distanzbetrieb mit Ausnahme der Abschlussklasse denkbar. „Zudem kann eine generelle Pflicht zum Tragen einer Alltagsmaske oder eine Reduzierung von Sportunterricht und Förderangeboten notwendig werden“, heißt es. Bei einer „besonders kritischen Infektionslage“ seien „auch weitergehende Einschränkungen möglich“.
Eine Stufe blieb ungenannt
Es gibt noch eine weitere Eskalationsstufe, die NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) aber nicht nennen wollte. Jeder Beobachter weiß aber, worauf diese hinauslaufen würde: Flächendeckender Distanzunterricht.
„Vertretbar und machbar“ nennt Martin Sina, Vorsitzender der Rheinischen Direktorenvereinigung der Gymnasien, den Stufenplan. Wirklich überraschend sei er nicht. Solche Modelle gebe es schon seit Längerem. Diese Direktorenvereinigung hält übrigens nicht viel von einem Wechselunterricht. „Eine komplette Öffnung oder eine komplette Schließung würden wir besser organisieren können“, sagte Sina dieser Redaktion. (mit dpa)
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