Berlin. Der Besuch von Terrorcamps wird künftig unter Strafe gestellt. Das Vorhaben droht allerdings im Bundesrat zu scheitern - alle Oppositionsfraktionen im Bundestag stimmten dagegen.
Wenige Wochen vor Ende der Legislaturperiode haben Union und SPD eine Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze und andere Justizreformen durch den Bundestag gebracht. Damit werde das strafrechtliche Arbeitsprogramm der großen Koalition vollendet, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am Donnerstag in Berlin. Die Neuregelung, welche die Ausbildung in Terrorcamps unter Strafe stellt, droht allerdings im Bundesrat zu scheitern.
Alle Oppositionsfraktionen im Bundestag stimmten dagegen, schon das Training für Anschläge in Ausbildungslagern oder die Beschaffung von Bombenbau-Anleitungen mit bis zu zehn Jahren Haft zu verfolgen. FDP-Rechtsexperte Jörg van Essen nannte die geplante Neuregelung «den falschen Weg». Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag bezeichnete sie als «Ausdruck einer Sicherheitsphobie, die keine Grenzen kennt». Die Rechtsexpertin der Linken, Ulla Jelpke, warf der großen Koalition «Gesinnungsjustiz» vor.
Laut Zypries schließen die neuen Paragraphen dagegen «Strafbarkeitslücken im Vorfeld schwerer staatsgefährdender Gewalttaten». So könnten auch Täter hinter Gitter gebracht werden, denen formal keine Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung nachgewiesen werden könne. Allerdings müsse ein Vorsatz vorliegen, verteidigte sie den Plan, dem der Bundesrat zustimmen muss.
Blockhadehaltung unverantwortlich
Die Koalition verfügt in der Länderkammer über keine eigene Mehrheit, sondern ist auf FDP, Grüne oder Linke angewiesen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) übte scharfe Kritik an der FDP. Deren «Blockadehaltung» sei «unverantwortlich», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung» vom Donnerstag.
Im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist die neue Kronzeugenregelung, die mit den Stimmen der großen Koalition verabschiedet wurde. Die mögliche Strafmilderung für Täter, die zur Aufklärung von Verbrechen beitragen, geht über die von 1989 bis 1999 geltende Regelung hinaus, die seinerzeit wenig genutzt und von der rot-grünen Bundesregierung nicht verlängert wurde.
Die Opposition kritisierte die Neuauflage der Kronzeugenregelung scharf. Van Essen monierte, dass künftig auch solche Täter eine Strafmilderung bekommen könnten, die zu einer völlig fremden Tat aussagten, «zum Beispiel ein Kindesmissbraucher zu einem Subventionsbetrug». Zypries hielt dagegen, auch künftig werde «niemand seiner gerechten Strafe entgehen».
Zustimmung bei Grünen und FDP fand ein Gesetz, das verbindliche Regeln für Prozessabsprachen bei Gericht schafft. «Wir wollen die Verständigung herausholen aus den Gerichtsfluren und den Hinterzimmern», sagte Zypries. Allerdings dürfen Absprachen zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Richtern nur die Strafhöhe und Bewährungsauflagen betreffen. Der Schuldspruch selbst ist ausdrücklich von solchen «Deals» ausgenommen, die nur in einer öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen dürfen.
Der Bundestag stimmte mehrheitlich auch einer Bundesratsinitiative zu, wonach die Entschädigung für Menschen, die zu Unrecht im Gefängnis saßen, von 11 auf 25 Euro pro Tag erhöht werden soll. Die Mehrkosten von etwa einer Million Euro im Jahr tragen die Länder. Außerdem wird der Rechtsschutz für Untersuchungsgefangene verbessert. Sie müssen schon vor der Vernehmung schriftlich über ihre Rechte belehrt werden und von Beginn der U-Haft an einen Pflichtverteidiger bekommen. Die Neuregelung tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.
Forumsdiskussion: Überfälliges Gesetz oder Ausdruck einer Sicherheitsphobie?