Düsseldorf.. Der Streit um das achtjährige “Turbo-Abitur“ in NRW spitzt sich zu. Lehrerverbände fordern von der rot-grünen Landesregierung Reformen. Die Schulzeitverkürzung habe zu einer “unguten Abkopplung des Gymnasiums von anderen Schulformen geführt“. Der Wechsel werde erschwert.

Im Streit um das achtjährige „Turbo-Abitur“ in NRW drängen Lehrerverbände die rot-grüne Regierung zu Reformen. Vor dem Spitzentreffen am 5. Mai forderte VBE-Chef Udo Beckmann, die Sekundarstufe I am Gymnasium von fünf auf sechs Jahre auszudehnen und die Oberstufe auf zwei Jahre zu verkürzen.

Damit würden Schüler von unnötigem Stress entlastet und „Seiteneinsteigern“ von der Real- oder Gesamtschule der Wechsel erleichtert, sagte Beckmann der WAZ. Beckmann beklagte „fehlende Durchlässigkeit“ im gesamten System. Durch die Reduzierung um ein Jahr habe das G8-Gymnasium „faktisch einen eigenen Bildungsgang“, der „nicht kompatibel“ sei mit anderen Schulformen. Folge: Wer von außen in die gymnasiale Oberstufe hinein wolle, müsse „die Klasse 10 praktisch wiederholen“. Solche Schüler, sagte Beckmann, fühlten sich „ähnlich wie Sitzenbleiber“.

Auch die Lehrergewerkschaft GEW kritisierte, die Schulzeitverkürzung habe zu einer „unguten Abkopplung des Gymnasiums von den anderen Schulformen“ geführt. Außerdem hätten Schüler am Gymnasium mit dem Ende der Sekundarstufe I in Klasse 9 keinen Schulabschluss. Gegenüber der WAZ bemängelte Landeschefin Dorothea Schäfer zudem die hohe Stundenzahl in den Klassen 5 bis 9. „In diesen Punkten erwarten wir eine Nachbesserung“, verlangte sie.

„Wir wollen keine Rolle rückwärts“

Laut Beckmann ist der erhöhte „Leistungsdruck“ durch das G8 bis in die Grundschulen zu spüren. „Dort organisieren Eltern vermehrt Nachhilfe für ihre Kinder in den Klassen 3 und 4, um ihnen leichter den Übergang ins Gymnasium zu ermöglichen“, sagte er, „das ist keine gute Entwicklung.“ Er vermisse außerdem Daten zu der Frage, wie viele Schüler das Gymnasium verlassen müssen, weil sie den Anforderungen des G8 nicht standhalten.

Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hat Vertreter von Schule, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zum Runden Tisch eingeladen. Sie will sich vergewissern, ob der „breite Konsens“ zum Turbo-Abi in NRW noch gelte. Die Lehrerverbände machten bei aller Kritik aber klar, dass sie am G8 festhalten wollen. „Wir wollen keine Rolle rückwärts“, betonte Schäfer. Auch Peter Silbernagel, Chef des Philologenverbands, sieht zwar Korrekturbedarf, lehnt aber eine Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren ab.