Essen. Im Gespräch mit Giovanni di Lorenzo berichtet der ehemalige Verteidigungsminister über die Arbeit an seiner (ersten) Dissertation und seinen Wunsch, nach Deutschland zurückzukehren. Guttenberg hält sich alle Optionen offen - geht aber mit seiner Partei, der CSU, hart ins Gericht.
Es wird die "Bild"-Zeitung schwer getroffen haben. Das erste Interview nach seinem Rücktritt gibt der ehemalige Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg dem Chefredakteur der "Zeit", Giovanni di Lorenzo. Drei Tage lang unterhielten sich die beiden Ende Oktober in einem Londoner Hotel. "Vorerst gescheitert" heißt das Buch, das aus dem Gespräch entstanden ist. In der heute erschienen "Zeit" werden vier Seiten des "Streitgesprächs" abgedruckt.
Guttenberg äußert sich darin über die Fehler in seiner Doktorarbeit, den Skandal, die CSU und die mögliche Gründung einer neuen Partei. Ein Comeback in die Politik schließt er ausdrücklich nicht aus, ganz im Gegenteil. Er plant die Rückkehr nach Deutschland - derzeit lebt er mit seiner Familie in den USA - und will "ein politischer Kopf bleiben". Vor allem aber will er sich alle Optionen offen halten.
Wie es zu der Doktorarbeit kam
Doch zunächst leistet Guttenberg Abbitte. Wie konnte es zu dieser Doktorarbeit kommen? Er sei überfordert gewesen, von Anfang an. 1999 als er die Dissertation begann, war er bereits berufstätig, bald darauf kam das politische Engagement dazu.
Der Politiker Guttenberg war mit der wissenschaftlichen Arbeit überfordert, ließ die Dissertation für Monate liegen, arbeitete auf dutzenden Datenträgern, mehreren Computern, während langer Flüge oder mitten in der Nacht. So beschreibt es der 39-Jährige heute.
Die Arbeit hatte "natürlich auch mit Hochmut zu tun"
Seine Arbeitsweise sei chaotisch gewesen, räumt er im Gespräch ein - und nicht nur das. Er habe "die Augen vor der Überforderung verschlossen". Einen "ungeheuerlichen Fehler" nennt er das Werk, das schon im ersten Absatz aus einem Artikel der FAZ zitiert - ohne die Autorin korrekt anzugeben. Kurz vor der Abgabe habe er die Bruchstücke zusammengeführt, sprachlich geglättet und zu einem argumentativ schlüssigen Gesamtwerk zusammengeschustert. Die wissenschaftliche Sorgfalt sei dabei zu kurz gekommen.
Das all das passieren konnte, hatte "natürlich auch mit Hochmut zu tun" räumt er ein, was offensichtlich ist. Ein Betrüger sei er dennoch nicht und die Arbeit kein Plagiat. "Wenn ich die Absicht gehabt hätte, zu täuschen, dann hätte ich mich niemals so plump und dumm angestellt". Überfordert, dumm, eitel fasst die "Bild-Zeitung" diese "Abrechnung mit sich selbst" zusammen.
Abrechnung mit der CSU
Die "Süddeutsche Zeitung" liest in dem Interview eher eine Abrechnung mit Guttenbergs Partei, der CSU. Sie sei "von einer Infektion befallen, die das allmähliche Sterben der Volksparteien auslösen könnte" lässt der Ex-Minister wissen. Es reiche nicht mehr aus "in romantischer Rückschau die gute alte Zeit zu beschwören". Die Menschen würden sich von den Parteien abwenden, die "herausragenden Köpfe" seien in der deutschen Politik "rar gesäht".
Mit Betonung auf das Wörtchen "zurzeit" sei Guttenberg aber noch CSU-Mitglied, lässt er wissen. Dann fügt er an, "Nicht jede Betonung muss bereits eine Drohung sein". Sie könnte aber.
Auf welche Weise auch immer - Guttenberg wird zurückkommen
Ebenso könnte man auch die ausgiebige Beschäftigung mit der Gründung einer neuen Partei, deren Programmatik der ehemalige Minister im Interview skizziert, interpretieren ."Ein klares Bekenntnis zu Israel", um die ganz Rechten abzuschrecken sowie "Köpfe, die über jeden Zweifel erhaben sind" könnten die Zutaten eines neuen Bündnisses sein.
Dass es ihn in die Politik zurückdrängt, zeigt Guttenberg offen. Auf welchem Wege das geschehen soll, weiß er wohl auch noch nicht. Gestern wurde "Vorerst gescheitert" auf Amazon noch mit einem di-Lorenzo-Zitat beworben. All jene, die eine Rückkehr Guttenbergs befürchteten, würden mit diesem Buch bestätigt, hieß es da vom Chefredakteur der "Zeit". Heute ist das Zitat verschwunden. Es ist ohnehin offensichtlich genug.