Rom. Die Flüchtlingskatastrophe vor der italienischen Insel Lampedusa hat eine Diskussion über die EU-Flüchtlingspolitik angestoßen. Nachdem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Deutschland zur Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge aufgefordert hatte, lehnte die Bundesregierung die Forderungen ab.
Nach dem Flüchtlingsdrama vor der italienischen Insel Lampedusa mit bislang knapp 200 Toten werden Forderungen nach einem Umbau der europäischen Flüchtlingspolitik lauter. "Es ist eine Schande, dass die EU Italien mit dem Flüchtlingsstrom aus Afrika so lange allein gelassen hat", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz der Zeitung "Bild" (Montag).
Die Flüchtlinge müssten in Zukunft gerechter auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. "Das heißt auch, dass Deutschland zusätzliche Menschen aufnehmen muss", sagte Schulz weiter.
Die Bundesregierung hingegen lehnte Forderungen ab, zur Entlastung Italiens mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die Zahl der Asylbewerber steige, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Deutschland tue das, "was seiner Größe und seiner Bevölkerungszahl in Europa entspricht". Auch ein Sprecher des Innenressorts sagte, "der Ruf nach einem gerechteren Verteilungsmechanismus" für Flüchtlinge in Europa lasse sich mit Blick auf Deutschland nicht zahlenmäßig begründen. Deutschland habe beispielsweise im vergangenen Jahr rund 65.000 Asylbewerber aufgenommen - Italien 15.000.
Rettungskräfte hatten der Nachrichtenagentur Ansa zufolge am Sonntag 83 weitere Leichen geborgen. Damit stieg die Zahl der Opfer auf 194, die Behörden rechnen mit weiteren Toten.
Überlebenden drohen Geldstrafen von bis zu 5000 Euro
Gegen die 155 Überlebenden soll wegen illegaler Einwanderung ermittelt werden. Ihnen drohen Geldstrafen von bis zu 5000 Euro. Das Schiff war am Donnerstag vor Lampedusa in Flammen aufgegangen und gekentert. Das Wrack liegt in etwa 40 Meter Tiefe.
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EU-Parlamentspräsident Schulz forderte weiter, die EU-Staaten müssten auf ihrem Gipfel im Oktober in Brüssel über eine gerechtere Verteilung der Lasten des anhaltenden Flüchtlingsstroms beraten. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte der Zeitung, die Tragödie zeige, "dass wir eine gemeinsame europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik brauchen".
Italiens Regierung fordert mehr Unterstützung aus Europa
Am Wochenende hatten neue Flüchtlingsboote mit Hunderten Menschen an Bord die italienischen Küsten erreicht. Die Regierung in Rom verlangte erneut mehr Unterstützung aus Europa und erwägt Gesetzesänderungen.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach sich für schärfere Maßnahmen gegen Schlepper aus. "Fest steht, dass wir noch stärker die Netzwerke organisierter und ausbeuterischer Schleusungskriminalität bekämpfen müssen", sagte Friedrich der "Welt am Sonntag". "Die Schleuser-Verbrecher sind es, die die Menschen mit falschen Versprechungen in Lebensgefahr bringen und oftmals in den Tod führen." (dpa)