Berlin..

Bundespräsident Christian Wulff gerät nach Vorwürfen wegen eines Sylt-Urlaubs massiv in Bedrängnis: SPD und Grüne fordern erstmals offen staatsanwaltliche Ermittlungen gegen den Präsidenten. Die Staatsanwaltschaft prüft die Vorwürfe bereits. In dem Fall geht es um den gemeinsamen Kurzurlaub von Wulff und seiner Frau Bettina mit dem Filmunternehmer David Groenewold auf Sylt im November 2007.

Anwälte der Beteiligten bestätigten gestern, Groenewold habe den viertägigen Aufenthalt auch für die Wulffs gebucht und per Kreditkarte bezahlt – die Suite im Fünf-Sterne-Hotel „Stadt Hamburg“ kostete 258 Euro pro Nacht.

Der Film-Finanzier war schon einmal in die Schlagzeilen geraten, weil er Wulff ein Upgrade für eine Suite in einem Münchner Hotel spendiert hatte; auch eine Ferienwohnung auf Sylt 2008 hatte er für die Wulffs gebucht, angeblich erhielt er von ihnen das Geld später in bar zurück.

„In voller Höhe“ bar bezahlt

Die Anwälte versicherten nun, Wulff habe die Kosten des Sylt-Aufenthaltes „in voller Höhe“ noch im Hotel in bar an Groenewold gezahlt. An dieser Darstellung bestehen indes Zweifel – denn Groenewold hat im Zuge der Wulff-Affäre am 19. Januar diesen Jahres das Hotel erneut aufgesucht und sich die gesamten Unterlagen, Rechnungen und Belege über den damaligen Urlaub aushändigen lassen.

„Bild“ berichtet unter Berufung auf Notizen des Hotels, der Unternehmer habe den Luxus-Aufenthalt damit „vertuschen“ wollen und zitiert aus einer internen Aufgabenliste für Mitarbeiter: „Herr Groenewold hat gestern angerufen, wir sollen keinerlei Infos herausgeben! Er war mit Hr. Wulff hier und hat den Aufenthalt übernommen.“

Vertuschung und Verdunkelung

Wulff distanzierte sich von dem Vorgehen. Sein Anwalt erklärte, er habe keine Kenntnis davon gehabt: „Christian Wulff hielte eine solche Vorgehensweise in jeder Hinsicht für falsch.“ Groenewold rechtfertigte sich, er habe die Unterlagen nur einsehen wollen. Sein Anwalt versicherte, Vertuschungsvorwürfe seien „an den Haaren herbeigezogen“.

Die Opposition reagierte empört: „Die Vertuschungen und Verdunkelungsaktionen haben eine Grenze erreicht, wo die Staatsanwaltschaft nicht länger zusehen kann“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Offenbar habe Groenewold den Ministerpräsidenten „gefällig gefördert“. In der SPD wird darauf verwiesen, dass der Unternehmer 2007 eine millionenschwere Landesbürgschaft in Aussicht hatte.

„Der Staatsanwalt muss ran“

Die Grünen erklärten: „Wer solche Dokumente verschwinden lassen will, dürfte etwas auf dem Kerbholz haben. Der Staatsanwalt muss ran.“ Die Justizbehörde Hannover teilte mit, sie nehme die Berichte „mit großem Ernst zur Kenntnis“. Die Vorwürfe würden geprüft. Bisher hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Wulff abgelehnt, einen Anfangsverdacht etwa wegen Vorteilsannahme verneint.

Die Affären des Christian Wulff im Überblick

Kreditvertrag: Wulff hatte sich 2008 sein Privathaus mit einem 500 000-Euro-Kredit des Unternehmerpaars Edith und Egon Geerkens finanziert. Im Landtag hatte der damalige Ministerpräsident aber bestritten, Geschäftsbeziehungen zu Egon Geerkens gehabt zu haben; offiziell stammte der Kredit zu ungewöhnlichen Bedingungen von dessen Frau. Wulff wird ­Täuschung des Parlaments vorgeworfen, Kritiker sehen auch einen Verstoß gegen das Ministergesetz.

BW-Kredit: 2010 hat Wulff den Kredit durch ein außerordentlich zinsgünstiges, später noch einmal umgewandeltes Darlehen der Stuttgarter BW-Bank abgelöst – Kritiker monieren, er hätte den Vorzugskredit nicht annehmen dürfen.

Umgang mit Medien: Einen „Bild“-Bericht wollte Wulff mit drohenden Anrufen bei Chefredakteur Diekmann und Springer-Chef Döpfner unterbinden.

Nord-Süd-Dialog: Offiziell waren die Promipartys mit Un­ternehmern und Politikern in Hannover und Stuttgart private Veranstaltungen des Eventmanagers Schmidt. Doch die Landesregierung half hinter den Kulissen ­kräftig mit, die Wulffs ließen auch privaten Freunden Eintrittskarten zukommen. Wulff droht wegen des Vorwurfs, den Landtag falsch informiert zu haben, eine Anklage vor dem Staatsgerichtshof. Gegen seinen ­Ex-Sprecher Glaeseker ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Buchwerbung: Anzeigen für 42 700 Euro, mit denen 2007 im Wahlkampf für das Wulff-Buch „Besser die Wahrheit“ geworben wurde, hatte Wulffs Unternehmerfreund Maschmeyer bezahlt – angeblich ohne Wulffs Wissen. Dem Autor eines weiteren wohlwollenden Wulff-Buches zahlte Filmproduzent Groenewold 10 000 Euro, Wulff will auch davon nichts gewusst haben.

Urlaubsreisen: Sechsmal hat Wulff in den letzten Jahren mit Familie Urlaub in Häusern ­befreundeter Unternehmer in etwa in Spanien und USA und gemacht – fast ­immer umsonst.

Autokauf: Als Minister­präsident und VW-Aufsichtsrat soll Wulff vom VW-Konzern einen Skoda zum Vorzugspreis für Aufsichtsräte erhalten haben – obwohl er als Regierungschef keine Geschenke in Bezug auf sein Amt annehmen durfte.