Berlin. Sie hält inhaftierte Neonazis auf Kurs. Sie ist in sämtlichen deutschen Gefängnissen präsent. Sie gilt als eine der einflussreichsten ultrarechten Organisationen in Deutschland. Die „Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene” soll verboten werden, fordert die FDP.





Die FDP-Bundestagsfraktion hat ein Verbot des 30 Jahre alten Vereins „Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene” gefordert. „Die HNG ist wie Klebstoff für die sonst so zerrissene und zerstrittene rechte Szene. Sie ist auch ein Sammelbecken für Kader verbotener Naziorganisationen”, sagt Bernd Wagner, der Gründer der Aussteiger-Organisation Exit, zur WAZ.

Die gefragte Dienstleistung der HNG ist Betreuung: Wenn sich ein Skinhead im Gefängnis einsam fühlt oder speziellen juristischen Rat erbittet, wenn Altnazis wie der verurteilte Kriegsverbrecher Erich Priebke eine starke rechte Schulter zum Anlehnen suchen, wenn einer, der sich in der völkischen Ideologie zuhause fühlte, plötzlich an Adolf Hitler zweifelt, dann ist sie da, die HNG.

Ein harter Kern aus 200 Mitgliedern

Die Mitglieder schreiben aufmunternde Briefe, besuchen ihre „Kameraden” im Knast, beseitigen aufkeimende Zweifel, „und sie hebeln dabei sehr erfolgreich die Bemühungen aus, rechte Straftäter zu resozialisieren”, erzählt auf Nachfrage dieser Zeitung Matthias Adrian, der früher selbst ein HNG-Mitglied war und heute Aussteiger aus der Szene berät. Die HNG nimmt nicht jedermann auf, sondern sucht sich ihre Aktiven sorgfältig aus.

200 Mitglieder bilden laut „Exit” den harten Kern der HNG. „Es sind Leute, die das rund um die Uhr machen und für die Geld kaum eine Rolle spielt”, sagt Bernd Wagner. Denn Spenden sprudeln offenbar reichlich in die Kassen der HNG. Die Fäden laufen in Mainz zusammen, bei Ursula und Curt Müller. Die beiden Rechsextremisten sind die Köpfe dieser Gefangeneninitiative der etwas anderen Art. „Klein, zierlich und aggressiv” – so beschreibt Matthias Adrian die mehrfach vorbestrafte und inzwischen 75 Jahre alte Ursula Müller.

Rudolf Heß als Symbolfigur

Und so funktioniert ihr System: In der Zeitschrift „Nachrichten der HNG” wird jeden Monat eine Liste von inhaftierten Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland abgedruckt, die Kontakt zu Gleichgesinnten „draußen” suchen. Vor jeder Liste prangt ein Foto von Rudolf Heß – für die HNG die Symbolfigur schlechthin des „politisch Gefangenen”.

Zu den Betreuten zählten nach Angaben der FDP unter anderem jene Neonazis, die an den Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen beteiligt waren und der Rechtsextremist Kay Diesner, der wegen Mordes an einem Polizisten 1997 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz nennt auf Nachfrage eine Besonderheit der HNG: Sie ist nach wie vor ein Verein, obwohl sich die rechte Szene in den 1990er-Jahren nach mehreren Verboten von der Vereinsstruktur weitgehend verabschiedet habe.

In der Öffentlichkeit kaum bekannt

Nun drängen die Liberalen auf das Verbot dieser in der Öffentlichkeit eher unbekannten Organisation. Der Schweriner FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Ahrendt drängt auf ein baldiges Aus für die HNG. „Insider aus der Szene sagen, dass dieser Verein sehr viel einflussreicher sei als die erst im März von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verbotene Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ).”

Zur Erinnerung: Die HDJ konnte als rechter Jugendverband jahrelang rassistisches und nationalsozialistisches Gedankengut unter Jugendlichen und sogar unter kleinen Kindern verbreiten. Verbots-Anträge gegen die HDJ hatten damals Grüne und FDP ins Parlament eingebracht.