Berlin..
Jetzt ist es offiziell: Grünen-Fraktionschefin Renate Künast will Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden. SPD und Union senden bereits freundliche Signale.
Wenn sich Renate Künast schon mal inszeniert, dann richtig. Im Berliner Museum für Kommunikation, wo sich zurzeit in der Ausstellung „Schon gehört?“ alles um Gerüchte, Verschwörungstheorien, Lügenmärchen, Intrigen, Tratsch und andere Ungereimtheiten dreht, räumte die 54-Jährige mit den seit Monaten schwelenden Spekulationen über ihre politische Zukunft auf.
Am 18. September 2011 tritt die in Recklinghausen geborene Juristin bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus gegen den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an. Ein Landesparteitag muss die Top-Personalie am Sonntag noch absegnen.
Geschichte schreiben
Die Chance, in der Hauptstadt Geschichte zu schreiben und erstmals in einem Bundesland die Regierungschefin zu stellen, waren für die Grünen, abgesehen von der aktuellen Situation in Baden-Württemberg, noch nie so gut. Beständig rangiert die Partei nicht nur in den bürgerlich-hippen Milieus von Prenzlauer Berg und Berlin-Mitte in Umfragen mit Werten um die 30 Prozent deutlich vor der SPD (26) und der CDU (17-20).
Popularität, die begehrt macht. SPD wie Union senden schon Signale der Kooperationsbereitschaft. Die Grünen stellen sich in beide Richtungen freundlich taub. Noch. Künast, die im Bundestag gemeinsam mit Jürgen Trittin die Fraktion leitet, kennt die Stadt und ihre Problemlagen seit 30 Jahren aus dem Effeff. Sie lebt hier. Sie war 1979 Mitbegründerin der West-Berliner Alternativen Liste und saß 14 Jahre im Berliner Abgeordnetenhaus. Eine „geschickte, ausdauernde, schwer aus der Ruhe zu bringende Verhandlerin“, rühmen selbst politische Gegner.
Vier Jahre Ministerin
Seit zehn Jahren bespielt die über Realschule, Fachoberschulreife und Sozialarbeit zum Jurastudium gekommene Anwältin mit dem markanten Bürstenhaarschnitt das bundespolitische Parkett. Ihre forsche, schnörkellose Art, ihre direkte Rhetorik prägte unter Rot-Grün auch vier Jahre lang ihre Amtszeit als Landwirtschaftsministerin. Bald auch im Roten Rathaus?