Düsseldorf. Der Sportkommentator soll beim CDU-Politiker 5000 Euro erschwindelt haben. Staatsanwalt ermittelt. Wie es soweit kommen konnte.
Es soll das TV-Comeback des Jahres werden: Kultreporter Werner Hansch, inzwischen 81 und älteren Fußball-Freunden noch als sonore „Stimme des Ruhrgebiets“ vertraut, ist am Freitag beim Bezahlsender DAZN als Co-Kommentator für die Bundesliga-Partie zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt eingeplant. Was kaum einer weiß: Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt gegen Hansch wegen Betrugsverdachts.
Man führe ein Ermittlungsverfahren gegen den Sportkommentator, das voraussichtlich Ende Februar abgeschlossen werden könne, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Hintergrund ist eine Anzeige des CDU-Politikers Wolfgang Bosbach (67), die unserer Redaktion vorliegt. Bosbach wirft Hansch vor, im November 2018 eine Notlage erfunden und sich bei ihm einen Kredit über 5000 Euro erschwindelt zu haben. Hansch habe sich das Geld in Kenntnis einer bereits festgestellten Zahlungsunfähigkeit geliehen.
1000 Euro „in zerknitterten 100 Euro-Scheinen“
Laut Strafanzeige soll Hansch am 20. November 2018 nach einer gemeinsamen Talk-Veranstaltung in Schwäbisch Gmünd auf Bosbach zugegangen sein und ihm von einem Autounfall unter Alkoholeinfluss berichtet haben. Die Angelegenheit sei zur Vermeidung öffentlicher Aufmerksamkeit ohne Polizei geregelt worden, weshalb er nun schnell 20.000 Euro benötige. Bosbach überwies Hansch ein zinsloses Darlehen über 5000 Euro mit Rückzahlungsfrist bis zum 15. April 2019. Dann wollte der Politiker mit seiner Familie in den Urlaub fahren. Der Termin verstrich, der Kontakt brach ab.
Erst am 10. September erhielt Bosbach nach eigener Aussage 1000 Euro „in zerknitterten 100 Euro-Scheinen“, eine Woche später noch einmal 1500 Euro als Überweisung. Die restlichen 2500 Euro seien an diesem Dienstag per Blitz-Überweisung an Bosbach gegangen, erklärte der bekannte Dortmunder Anwalt Alfons Becker in Hanschs Namen auf Anfrage unserer Redaktion. Becker ist dem Fußball ebenfalls verbunden und hatte zum Beispiel den BVB 2018 in der Nebenklage nach dem Anschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus vertreten.
Zwischenzeitlich hatte Bosbach in Hanschs Umfeld recherchiert, dass der in den 80er und 90er Jahren extrem gefragte Sportkommentator in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten stecken und bei etlichen Leuten in der Kreide stehen soll. „Über das Verhalten von Werner Hansch bin ich maßlos enttäuscht. Wäre er unverschuldet in Notlage geraten, hätte ich ihm sofort meine Hilfe angeboten“, erklärte Bosbach gegenüber unserer Redaktion. Dass dieser sich aber mit einer mutmaßlich erfundenen Geschichte Geld geliehen habe, obwohl ihm klar gewesen sei, dass er es nicht zurückzahlen könne, sei „wirklich unanständig“.
„Nie war von Geldproblemen über all die Jahre hinweg etwas zu spüren“
Der langjährige CDU-Innenexperte, der inzwischen für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet die „Bosbach-Kommission“ für mehr Sicherheit im Land leitet und noch immer ein gefragter Talk-Gast ist, kennt Hansch seit vielen Jahren. Man hat zahlreiche gemeinsame Veranstaltungen bestritten. Beim „Steiger Award“ vor drei Jahren hielt Bosbach eine derart unterhaltsame Laudatio auf Hansch, dass der Preisträger dem Politiker gerührt attestierte: „Sie haben Ihr Talent verschwendet.“
Gerade weil der Kontakt so gut war, wirkt Bosbach ehrlich enttäuscht: „Nie war von Geldproblemen über all die Jahre hinweg etwas zu spüren. Ja, ich habe ihm damals vertraut. Für mich war er eine ehrliche Haut. Sympathisch und geradeaus. Und genau dieses Vertrauen hat er ausgenutzt.“
Anwalt Becker bestreitet, dass Hansch betrügen wollte. Vielmehr habe dieser bei Abschluss des Darlehensvertrages mit Bosbach berechtigte und konkrete Aussichten gehabt, „dass ihm in den nächsten Wochen erhebliche Beträge aus einer gemeinsam geplanten Veranstaltungsreihe zufließen würden“. Das weitere Verhalten Hanschs gegenüber Bosbach erklärt der Anwalt mit der Scham, durch Fehlspekulationen in eine derart prekäre Lage im Alter geraten zu sein. Der in Recklinghausen geborene Kommentator sei eigentlich ein „anständiger Kerl“.
Womöglich trifft ein berühmter Hansch-Spruch über Fußballer auch auf ihn selbst zu: „Ich glaube, sein Problem liegt zwischen den Ohren.“