Essen.. FDP und Piraten würden es derzeit nicht mehr in den Bundestag schaffen. Klientel-Politik oder virtuelles Kreisen um sich selbst stehen bei den Wählern nicht mehr im Kurs. Gefragt ist inzwischen, was der Allgemeinheit nützt. Für die Demokratie ist das gut. Eine optimistische Analyse.
Wenn kleine Parteien es schaffen, sozusagen aus dem Nichts heraus in der Mitte der Bevölkerung Fuß zu fassen, dann haben sie mit ihrer Politik den Zeitgeist erwischt. Doch so schnell wie sie aufsteigen, können sie auch wieder in die Bedeutungslosigkeit sinken. Beste Beispiele dafür sind die FDP und die Piratenpartei, die mit einer aufs eigene Wohl zentrierten Politik nur einen kurzen Höhenflug erlebten.
Reine Klientelpartei
Ihr Hoch hatte die FDP im Jahr 2009. Damals hatte die Finanzkrise begonnen und der Zeitgeist tickte neoliberal. Mit Guido Westerwelle als Frontmann erreichten die Liberalen sensationelle 15 Prozent. Aus der Zitterpartei wurde ein starker Partner für die Union.
Doch schnell entpuppte sich der Juniorpartner der schwarz-gelben Koalition als reine Klientelpartei, mit der die Bürger immer weniger anfangen konnten. In den Folgejahren hinterließ die immer dramatischer werdende Finanzkrise ihre Spuren, ebenso der arabische Frühling oder die Atomkatastrophe von Fukushima. Von einer radikalen Steuerreform, überhaupt von Steuersenkungen, wollten viele Menschen plötzlich nichts mehr wissen – und damit vom Kernthema der FDP.
Obendrein zerrüttete sich die Koalition mit ihren unerfahrenen Jungmännern an der FDP-Spitze und einer pragmatischen CDU, die in der Umwelt-, Bildungs- und Familienpolitik mal eben die Marschrichtung änderte (Ausstieg aus dem Atomausstieg, Abschaffung der Hauptschule, Ende der Wehrpflicht). Denn Angela Merkel hatte schnell erkannt: Die gesellschaftliche Mitte verlagert sich nach links. Trotz massiver Kritik in den eigenen Reihen behielt sie die Oberhand, ihre Kontrahenten sind längst abserviert oder werden unter dem Deckel gehalten. Daran wird sich bis zur Bundestagswahl im Herbst des kommenden Jahres wohl wenig ändern.
Marktradikaler Liberalismus hat ausgedient
Die FDP ist mittlerweile völlig außen vor. Das ist das Resultat des Verrats an ihrem sozialliberalen Kern (Bürgerrechte). Geblieben ist nur noch ihr marktradikaler Liberalismus, doch der hat ausgedient.
Ernüchtert sind auch die Anhänger der Piraten: Skandale um rechte Gesinnung, Schmarotzertum, parlamentarische Unfähigkeit, Diskriminierung und beispiellose politische Ahnungslosigkeit ließen die Zahl ihrer Anhänger so schnell schwinden, wie sie – sozusagen aus dem Nichts – gekommen war. Der kurz aufgeflammte Zeitgeist der Netzgemeinde, in der jeder für sich allein sich in ständiger virtueller Kommunikation befindet, ist in sich zusammengesackt. Inzwischen erkennen viele: In Wahrheit ist die Piratenpartei noch mehr eine Partei der Egozentriker als die FDP. Und inzwischen ist auch klar: Aus massenhaften Einzelmeinungen lässt sich kein gemeinsamer Nenner entwickeln.
Die Gesellschaft hat das erkannt. Groß ist inzwischen die Sehnsucht nach einer Politik, die auf das Allgemeinwohl setzt. Neoliberales Gedankengut gilt als verpönt, und so wagen es SPD und Grüne tatsächlich, mit einem Steuererhöhungsprogramm in den Wahlkampf zu ziehen.
Kuschel-Zeitgeist
Dieser Kuschel-Zeitgeist stärkt die Volksparteien SPD und Union, vor allem aber die Grünen. Die drei sind die einzigen Parteien, aus denen sich aus heutiger Sicht eine Regierung bilden lässt. Die Lehre daraus: Mit virtuellen Anhängern, die wie in einem Fischschwarm zwischen Standpunkten hin und her schwimmen, lässt sich keine Politik machen. Mit der Reduzierung auf das Klientel auch nicht.
Für die Gesellschaft, für ihr Gemeinwohl ist das gut. Für die Demokratie auch. Denn die Chancen stehen gut, dass in Regierungen um einen gemeinsamen Standpunkt gerungen wird. Und dass es handfeste Ergebnisse geben wird, über die das Parlament abstimmt. Man kann die Aktionen dann kritisieren und die Verantwortlichen abwählen. Das ist immer noch besser als das Kreisen um sich selbst. Denn das führt vor allem zum Stillstand – erst dem politischen, dann dem gesellschaftlichen.