Washington/Moskau. US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel haben am Donnerstag den Druck auf Russland erhöht. UN-Generalsekretär Ban drückte seine Besorgnis sogar beim Präsidenten Putin persönlich aus. Und Russland? Vollzog unbeeindruckt den nächsten Schritt zur Annexion der Krim - und verhöhnte die Amerikaner.

In der Krim-Krise haben die USA weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen. Es würden Strafmaßnahmen gegen weitere Regierungsbeamte, "einflussreiche" Russen sowie eine Bank verhängt, die diese Betroffenen materiell unterstützt, sagte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag in Washington. Durch eine Anordnung Obamas sei ab sofort außerdem der Weg frei für Sanktionen gegen ganze russische Wirtschaftszweige. Damit haben die USA nun die Möglichkeit, auch den für Russland wichtigen Gas- und Öl-Sektor mit Strafmaßnahmen zu belegen. Sanktionen gegen solche "Schlüsselsektoren" hätten "bedeutende Auswirkungen" auf die russische und die globale Wirtschaft, betonte Obama.

Russland verhängte als Reaktion darauf umgehend Einreiseverbote gegen neun US-Politiker. Zu den betroffenen Politikern zählen der Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, und der prominente republikanische Senator John McCain. Das russische Außenministerium erklärte, es habe im Vorfeld gewarnt, dass die US-Strafmaßnahmen "wie ein Bumerang zu den USA zurückkehren würden".

Offenbar steht auch Ausschluss aus den G8 bevor

Auch eine Entscheidung über die Mitgliedschaft Russlands in der Gruppe der acht führenden Wirtschaftsnationen (G8) steht offenbar in Kürze an. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Donnerstag im Bundestag für die "nächsten Tage" Entscheidungen an, bei denen die Konsequenzen aus der Eingliederung der Krim nach Russland gezogen werden sollen. Merkel sagte, solange die Bedingungen dafür nicht gegeben sind, "gibt es die G8 nicht mehr, weder die Gipfel, noch das Format als solches".

Bundestag - Regierungserklärung Merkel
Bundestag - Regierungserklärung Merkel © Unbekannt | Unbekannt

Auch für die deutsch-russischen Beziehungen gebe es weitere Folgen. Die Konsultationen zwischen der deutschen und russischen Regierung Ende April stehen Merkel zufolge in Frage. "In der Abwägung zwischen notwendigen Gesprächskontakten einerseits ... und Formaten, die definitiv ein anderes Umfeld als das jetzige erfordern auf der anderen Seite, wird die Bundesregierung entscheiden, ob und wenn ja gegebenenfalls in welcher Form deutsch-russische Regierungskonsultationen Ende April stattfinden werden oder nicht", sagte Merkel in einer Regierungserklärung.

Staatsduma billigt den Beitritt der Krim

Der Beitritt der Krim zu Russland ist formell inzwischen so gut wie fix. Das Parlament in Moskau machte am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit den Weg für die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation frei. Die Staatsduma ratifizierte wie erwartet in nur einer Lesung den Beitrittsvertrag, wie die Agentur Interfax meldete. 443 Parlamentarier stimmten dafür bei 300 notwendigen Stimmen, nur der Abgeordnete Ilja Ponomarjow votierte dagegen. An diesem Freitag soll dann noch der russische Föderationsrat den Beitritt billigen.

Die Abstimmung fiel zeitlich mit einem Besuch von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Ban zeigte sich bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin "tief besorgt" über den Krim-Konflikt. Er hoffe, dass Zeit bleibe für eine genaue Erörterung der Situation, sagte Ban der Agentur Itar-Tass zufolge am Donnerstag im Moskauer Kreml. Er hatte sich zuvor auch mit Außenminister Sergej Lawrow getroffen. An diesem Freitag und Samstag wird Ban in Kiew erwartet.

Ukrainisches Militär zieht sich von der Krim zurück

Nach der Machtübernahme prorussischer Kräfte auf der Krim kündigte die ukrainische Führung derweil den Rückzug des eigenen Militärs auf das Festland an. Die Maßnahme sei nur vorübergehend, sagte der Chef des nationalen Sicherheitsrates in Kiew, Andrej Parubij, am Mittwoch nach Angaben der Agentur Unian. Kurz zuvor hatten prorussische Kräfte das Hauptquartier der ukrainischen Flotte in der Hafenstadt Sewastopol gestürmt. Der Sicherheitsrat der früheren Sowjetrepublik versetzte das eigene Militär in volle Kampfbereitschaft. Zudem kündigte die prowestliche Führung in Kiew an, eine Visapflicht für Russen einzuführen.

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Auf der Krim hatten die Bewohner am Sonntag bei einem international nicht anerkannten Referendum mit großer Mehrheit für einen Beitritt zu Russland gestimmt. Die Ukraine, zu der die Halbinsel völkerrechtlich gehört, sowie der Westen werfen Russland einen eklatanten Bruch internationalen Rechts vor. Im UN-Sicherheitsrat gab sich das Land aber erneut unbeeindruckt vom westlichen Protest. (dpa/rtr)