Düsseldorf. Hat die Landesregierung vor der umstrittenen Räumung des Hambacher Forstes vor einem Jahr mit RWE gekungelt? Jetzt kommt alles auf den Tisch.

Im Streit um die Räumung des Hambacher Forsts im vergangenen Jahr unternimmt die schwarz-gelbe Landesregierung einen ungewöhnlichen Befreiungsschlag. Sämtliche Akten des Bau- , Innen- und Wirtschaftsministeriums sowie der Staatskanzlei zu diesem Vorgang sollen an diesem Donnerstag und Freitag interessierten Journalisten und Abgeordneten in Düsseldorf offen gelegt werden. Im Bauministerium wird dazu ein Leseraum eingerichtet.

Damit will die Landesregierung offenbar der Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses im Landtag zuvorkommen. Aktuell setzen sich bereits drei solcher parlamentarischen Aufklärungsgremien („Hacker-Affäre“, „Feuer-Tod in der JVA Kleve“ und „Missbrauchsfall Lügde“) kritisch mit der Regierungsarbeit auseinander. Zudem hatte es mehrere Klageandrohungen auf Akteneinsicht zur Hambacher Forst-Räumung nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gegeben. Die NRW-Grünen wollen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) an diesem Donnerstag eine Petition für mehr Transparenz übergeben, die bereits 6500 Unterzeichner gefunden haben soll.

Innenminister musste zuletzt enge Absprachen mit RWE einräumen


Reul musste in der vergangenen Woche erstmals enge Absprachen mit dem Energiekonzern RWE einräumen. Damit rückte er von der bisherigen Darstellung ab, wonach es solche Gespräche im Umfeld des größten Polizeieinsatzes der jüngeren Landesgeschichte nicht gegeben habe. Die Landesregierung hatte stets bestritten, mit der Räumung des Hambacher Forstes von staatlicher Seite die geplante Rodung vorzubereiten. Vielmehr wurden damals Brandschutzmängel in den Baumhäusern der Waldbesetzer als alleiniger Grund für den massiven Polizeieinsatz angeführt. Es gehe um den Schutz von Leib und Leben der Hütten-Bewohner.

Aktuell sind jedoch wieder mindestens 60 neue Baumhäuser in dem 200 Hektar großen Restwald am Rande des rheinischen Braunkohle-Tagebaus entstanden, ohne dass die Landesregierung erneut dagegen vorgehen würde. Die Rodung des Hambacher Forsts wurde im Oktober 2018 überraschend durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf Eis gelegt und gilt wegen der weit gediehenen Verhandlungen über den deutschen Ausstieg aus der Kohleverstromung inzwischen als ausgesprochen unwahrscheinlich.

Offenlegung von Regierungsakten ist in Düsseldorf eine Seltenheit

Die Offenlegung von vertraulichen Regierungsakten außerhalb von Untersuchungsausschüssen kommt in Düsseldorf eher selten vor. Im Zuge der Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht hatte die frühere Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Opposition schon einmal in einem Leseraum ihre Handy-Verbindungsdaten nachvollziehen lassen. Damit sollte untermauert werden, dass die Regierungschefin keine frühen Kenntnisse über die massenhaften Übergriffe auf Frauen im Umfeld des Kölner Doms zum Jahreswechsel 2015/16 hatte.