Die Atomkraft Man mag es als Ritual bezeichnen, oder als bodenlosen Leichtsinn von Gleisblockierern. ...

... Doch wie auch immer man zu den Atommüll-Transporten nach Gorleben steht: Es gibt derzeit keine Alternative zu diesen viele Millionen Euro teuren Castor-Transporten. Die Energiekonzerne und die Bundesregierung haben zur Jahrtausendwende in einem Vertrag vereinbart, dass der Müll aus den deutschen Atomkraftwerken dort provisorisch zwischengelagert werden muss, wo er angefallen ist.

Es gibt kein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Dies ist der weiche Punkt in der deutschen Debatte über den Ausstieg aus dem Atomausstieg. Dies ist das Kainsmal einer Technologie, die Strom erzeugt und dabei vergleichsweise wenig klimaschädliches Kohlendioxid produziert. Dies ist das Armutszeugnis einer Politik, die eine offene Standortsuche scheut und somit den Skandal verantwortet, dass strahlender Müll "unter freiem Himmel" gelagert wird.

Niemanden dürfte es überrascht haben, dass die Anti-Atom-Proteste der vergangenen Tage an Stärke zugenommen haben. Denn lange bevor die Castor-Züge über deutsche Gleise rollten, hatte der Streit um die Nutzung der Atomkraft einen tiefen Spalt durch Deutschland gezogen. Immer häufiger fordert die Union, die Laufzeiten der Meiler zu verlängern. Immer klarer zeichnet sich ab, dass wegen angeblich dringender Wartungsarbeiten die beiden nächsten Abschaltkandidaten unter den Atommeilern - Biblis und Neckarwestheim - in die nächste Legislaturperiode hinüber gerettet werden sollen. Immer mehr Einzelheiten über das marode Atommülllager Asse kamen ans Licht. Das alles schürte den Protest, mobilisierte auf beiden Seiten. Und daher ging es beim jetzigen Castor-Transport um eine grundsätzliche Frage: Hat Atomkraft in Deutschland eine Zukunft?

Mit einem Ja zur Atomenergie in Deutschland wird die Union in den Wahlkampf 2009 ziehen. Doch wie kann sie mit fester Stimme für eine Laufzeitverlängerung eintreten, wenn ein Endlager fehlt und noch nie ein anderer Ort als Gorleben erkundet wurde? Wie kann Bayern lauthals Atomstrom einfordern, ein Endlager innerhalb der eigenen Landesgrenzen aber ausschließen? In einem noch viel tieferen Dilemma steckt die SPD, die sich am Atomausstieg festgekettet hat. Wie würde man es den Wählern erklären, dass man doch zu Uran greifen müsse, weil noch mehr Kohle den Klimaschutz ruiniert? Auf Antworten dürfen wir in dieser Legislaturperiode nicht mehr hoffen. Typisch für das Atomthema, vor dem man die Augen verschließt.