Düsseldorf. Der „Ladenhüter“ wird nach der Freigabe für alle offenbar zum nachgefragten Impfstoff. Der Hausärzteverband Nordrhein ist zufrieden.
Die Freigabe des bisher wenig nachgefragten Impfstoffes von Astrazeneca beschert den Hausärzten in NRW zahlreiche Anfragen von Impfinteressierten. Der Hausärzteverband Nordrhein stellt fest: „Der Run auf die Praxen ist gestartet“. Die Aufhebung der Priorisierung von Astrazeneca bringe noch einmal Tempo in die Impfungen.
Dr. Oliver Funken, Chef der Hausärzteverbandes, ist zufrieden: „Wir können jetzt in den Hausarztpraxen die Impfkapazitäten voll nutzen, wenn die Patienten diesen Impfstoff annehmen“, sagte er dieser Redaktion.
Das Interesse beschert den Ärzten gleichzeitig Stress und Erleichterung
Bisher hatten viele Hausärzte sich vergebens bemüht, Astrazeneca an den Mann oder die Frau zu bringen. „Wir rufen Patienten oft vergebens an, weil sie lieber einen anderen Impfstoff bekommen möchten“, so Funken. Die Freigabe ermögliche es den Ärzten nun, Patienten jeden Alters und ohne Priorisierung damit zu impfen. Bisher sollte das Mittel vor allem über 60-Jährigen verabreicht werden, weil es seltene Fälle von Hirnvenenthrombosen gab, vor allem bei Jüngeren und Frauen.
„Die Bürger hatten noch gar nicht mit einer schnellen Impfmöglichkeit gerechnet“, sagte Funken. „Viele Menschen wollen wieder Normalität und Freiheiten genießen. Sie sind froh, wenn wir sie jetzt für einen Impftermin anrufen und wollen auch meistens die vier Wochen Abstand für die Zweitimpfung.“ Für die Praxisteams bedeute dies Stress, aber auch eine Erleichterung.
Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe, die die Freigabe ebenfalls begrüßt, beobachtet ein plötzlich gestiegenes Interesse an Astrazeneca. Viele Bürger würden irrtümlich das Service-Center der KV anrufen, um Termine für diesen Impfstoff zu buchen. Vergeblich, denn dafür sind die Hausärzte die richtigen Ansprechpartner.
Vier Wochen Abstand zur Zweitimpfung -- reicht das?
Strittig ist das Vorziehen des Termins für die Zweitimpfung von Astrazeneca von zunächst zwölf auf neun und nun auf nur vier Wochen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Präsident es Robert-Koch-Institutes, Lothar Wieler, sehen darin kein Problem. SPD-Landtags-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat hält diesen Kurswechsel aber für riskant und verweist auf eine Publikation des Fachmagazins „The Lancet“. Demnach steige bei einem Abstand von zwölf Wochen zwischen Erst- und Zweitimpfung die Wirksamkeit auf 81 Prozent, bei weniger als sechs Wochen liege sie nur bei etwa 55 Prozent.