Wiesbaden/Berlin. .

Bundesjugendministerin Kristina Schröder (CDU) sieht eine erhöhte Gewaltbereitschaft unter jungen, männlichen Muslimen. Sie verweist auf zwei Studien, die heute in Berlin vorgestellt wurden. Oppositionspolitiker reagierten mit Kritik.

Eine erhöhte Gewaltbereitschaft junger männlicher Muslime sieht Bundesjugendministerin Kristina Schröder (CDU) in zwei Studien belegt. Die wissenschaftlichen Untersuchungen wiesen eine Wirkungskette von „intensiver Religiösität, Männlichkeitsnormen und Gewalttätigkeit“ nach, sagte Schröder am Freitag in Berlin. Vertreter von Grünen und Linkspartei kritisierten, die Studien lieferten keinen Beweis für die Thesen Schröders.

“Es gibt eine gewaltverherrlichende Machokultur bei einigen jungen Muslimen, die auch kulturelle Wurzeln hat“, sagte Schröder unter Verweis auf die beiden Studien, die im Auftrag ihres Ministeriums erstellt worden waren. Dem „Wiesbadener Kurier“ (Freitagsausgabe) sagte sie, die Gewaltbereitschaft unter jungen, männlichen Muslimen sei „deutlich höher“ als bei nichtmuslimischen einheimischen Jugendlichen. Vor Journalisten schränkte Schröder später ein, das „Klischee des jungen, bildungsfernen, gewaltbereiten Muslim“ treffe nur auf eine sehr geringe Zahl von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu.

Schröder sieht Zusammenhang zwischen Religiosität für Gewaltbereitschaft

Bei der Erforschung der Ursachen ließen sich soziale und kulturelle Ursachen unterscheiden, sagte die Ministerin. „Auf der Werteebene scheint das Entscheidende eine bestimmte Vorstellung von Männlichkeit zu sein, die sehr stark mit Ehre verknüpft ist und die dann auch mit Gewalt verknüpft wird.“ Eine Betrachtung zahlreicher wissenschaftlicher Studien lege den Schluss nah, dass „eine erhöhte islamische Religiosität“ mit „einer erhöhten Zustimmung zu Männlichkeitsnormen, die Gewalt legitimieren“ einhergehe, sagte Schröder.

Auffallend sei auch, dass zunehmend über Feindlichkeit gegenüber Deutschen berichtet werde: „Nicht selten werden deutsche Kinder an den Schulen gemobbt, nur weil sie deutsch sind. Auch das dürfen wir nicht länger hinnehmen“, so Schröder im Interview mit dem „Wiesbadener Kurier“.

Ministerin hat Deutschenfeindlichkeit selbst erlebt

Schröder betonte, sie kenne das Problem Deutschenfeindlichkeit aus eigener Be­troffenheit. Sie selbst sei schon mal als „deutsche Schlampe“ beschimpft worden, sagt sie. „Auch das ist eine Form von Rassismus.“

Die Ministerin geht bereits seit einiger Zeit sehr offensiv mit dem Thema Deutschenfeindlichkeit um. Mehrfach hat sie sich öffentlich und in den Medien dazu geäußert. Sie sagte beispielsweise: „Es gibt in unseren Schulhöfen und es gibt in unseren U-Bahnen und S-Bahnen ein Problem mit Deutschenfeindlichkeit.“

An anderer Stelle erklärte Schröder, es mache sie „wü­tend, wenn ich mir vorstelle, dass 15-jährige Deutsche be­schimpft werden, weil sie Deutsche sind“. Die Ministerin sieht einen der Gründe für Deutschenfeindlichkeit in ei­nem „polarisierten extremistischen Is­lam“. Es sei „problematisch“, dass der Paragraf der Volksverhetzung im Falle von Deutschenfeindlichkeit nicht anwendbar ist. „Man kann rechtlich als Volksverhetzer be­­langt werden, wenn man ,Scheiß Türken’ sagt, was völlig richtig ist. Aber es muss auch überlegt werden, wie Deutschenfeindlichkeit strafrechtlich hinreichend geahndet werden kann, denn auch sie ist rassistisch und fremdenfeindlich.“

Die Ministerin forderte zudem verstärkte Anstrengungen zur Ausbildung von Imamen in Deutschland. „Wir wollen einen deutsche Islam“, sagte sie. Dafür müssten unter Umständen ähnlich wie bei der Islamkonferenz muslimische Vertreter am Runden Tisch sitzen, um sich auf ein Curriculum zu einigen.

Dortmunder Studien-Autor: Religiosität führt nicht zwangsläufig zu Gewalt

Der Autor einer der Studien zu Gewaltphänomenen bei männlichen muslimischen Jugendlichen, Ahmet Toprak von der Fachhochschule Dortmund, wies darauf hin, dass es bisher keine belastbaren Zahlen zur Gewalt muslimischer Jugendlicher gebe, die auf empirischen Untersuchungen beruhten. Das komme vor allem daher, dass die Kriminalstatistik nicht berücksichtigt, ob Straftäter einen Migrationshintergrund haben, oder nicht.

Schröders Auffassung zum Zusammenhang zwischen Religiösität und Gewalttätigkeit teilte Toprak nur „bedingt“. „Religion und Männlichkeit werden dann interessant, wenn die soziale Lage prekär ist“, sagte er. Männlichkeitskonzepte oder Religion dienten als Identifikationsanker und könnten auch zur Gewalt führen - „aber nicht zwangsläufig“.

Linken-Politikerin Jelpke: Schröder schürt Muslimfeindlichkeit

Die Grünen-Politiker Memet Kilic und Kai Gehring warfen Schröder vor, „auf der Sarrazin-Welle“ zu „surfen“. Die genannten Studien lieferten keinen Beweis für die Thesen der Ministerin. „Nicht Religion oder die Einwanderungsgeschichte sind die entscheidende Ursache für Jugendgewalt, sondern Chancen- und Perspektivlosigkeit“, erklärten sie. Der frühere Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin hatte mit umstrittenen Äußerungen zur angeblich fehlenden Integrationsbereitschaft von Muslimen für heftige Diskussionen gesorgt.

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke kritisierte, Schröder gieße „Öl ins Feuer der um sich greifenden Muslimfeindlichkeit“. Die Autoren der Studien hätten selbst darauf verwiesen, dass die soziale Lage der Jugendlichen ausschlaggebend sei. Schröders Äußerungen trügen zur „Stigmatisierung“ von Muslimen bei. (afp/we)