Kairo. In arabischen Ländern sterben Präsidenten und Könige nicht zwangsläufig im Bett. Manche werden dem Henker überantwortet wie der Despot Saddam Hussein im Irak. Oder sie erliegen den Kugeln eines Attentäters wie der Ägypter Anwar el Sadat.
Dessen Nachfolger Hosni Mubarak, seit 1981 im Amt, strebt nächstes Jahr, dann 83jährig, seine Wiederwahl an. Doch der Langzeit-Pharao sucht das bevölkerungsreichste südliche Mittelmeeranrainerland, sollte seine durchaus labile Gesundheit nicht mitspielen, auf den Weg zur Familienrepublik zu bringen: Von den Hauswänden im Kairoer Stadtteil Darb al Ahmar, wo eher die einfachen Leute hausen, lächelt der Filius Gamal herab – als erkorener Kronprinz seines Vaters.
Neben der Ungewissheit, auf friedliche Weise sein Dasein zu beenden, setzt Mubarak senior mithin auf eine ebenfalls in der arabischen Welt verbreitete Tradition - die dynastische Erbfolge. Die ist im saudischen Königreich so selbstverständlich wie in Marokko oder Jordanien, aber auch in der Planung autoritärer Herrscherfiguren vom Schlage des Libyers Muammar al Gaddafi oder des Tunesiers Zine el-Abidine Ben Ali. In Ägypten freilich haben die Menschen ihre Probleme mit der dynastischen Lösung – Plakate des Mubarak-Sprösslings gingen vor vier Wochen in Flammen auf, die Menge skandierte: „Keine Vererbung der Macht“, und die Schlagstöcke der Schwarzuniformierten des Innenministeriums flogen.
Doch der 47-jährige Präsidentensohn, den die offizielle Propaganda abwechselnd als „Liebling der Fellachen“ oder „Traum der jungen Leute“ anpreist, der Vorbildern wie Winston Churchill und Margret Thatcher nacheifert, scheint gesetzt – im übrigen mehr von Mutter Mubarak als vom Vater, der sich als Ex-General nicht sicher ist, ob der gelernte Investment-Banker auch wirklich die Herzen der Militärs am Nil zu erwärmen vermag. Denn eines ist klar: Ohne den Rückhalt im Sicherheitsapparat gelangt Gamal nicht in den Abdeen-Palast, die offizielle Residenz der Potentaten in Kairo. Schlimmer noch: Würde die Mubarak-Sippe der Macht entsagen, müsste sie wohl der Heimat den Rücken kehren – alte Rechnungen innerhalb der Elite könnten ihr (lebens)gefährlich werden.
Wie es sich für ein autoritäres Herrscherhaus gehört, ist alles vorbereitet, um die (durchaus vorhandenen) Chancen der Opposition abzuwürgen. Der Mubarak-Clan hat sich nicht nur die Loyalität des Militärs und der Wirtschaftselite gesichert, sondern auch die Verfassung so zurechtgestutzt, dass die Opposition kaum noch Perspektiven hat. Deshalb hat der für Mubarak einzig ernsthafte Konkurrent ums höchste Staatsamt, Mohammed al-Baradei, zum Boykott der Parlamentswahlen Ende November aufgerufen. Den ehemaligen Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) feiern viele Ägypter als Symbol des Wandels. Den Heilsbringer mundtot zu machen, wagt das Regime nicht. Doch Aussichten, als Kandidat zugelassen zu werden, hat der Friedensnobelpreisträger nicht.