Brüssel. .

Das verschuldete Ir­land könnte als erstes Euro-Land unter europäischen Rettungsschirm schlüpfen. Das schürt die Angst vor einer Krise Europas, denn nicht nur Irland schwächelt. Auch Spanien, Portugal sowie Italien kämpfen mit hohen Staatsschulden. Und Griechenland bekam bereits 110 Milliarden Euro Rettungshilfen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Ab diesem Donnerstag sind Experten der EU-Kommission, des IWF und der Europäischen Zentralbank (EZB) in der irischen Hauptstadt Dublin, um über die Bankenkrise in dem Land und mögliche Auswege zu sprechen.

Die irischen Turbulenzen sind auch in Deutschland zu spüren. Deutsche Banken sind europaweit die zweitgrößten Gläubiger in Land: Sie liehen dem irischen Staat, irischen Geldinstituten und Firmen insgesamt 138,6 Milliarden US-Dollar (102 Milliarden Euro), wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Sommer mitgeteilt hat. Europaweit hält nur Großbritannien mehr Forderungen - umgerechnet fast 110 Milliarden Euro.

„Deutsche Banken könnten finanzielle Probleme bekommen“, sagt Finanzmarkt-Experte Bert Van Roosebeke vom Centrum für Europäische Politik (CEP) in Freiburg. Auch die Bürger könnten die irische Krise zu spüren bekommen – nämlich dann, wenn ihre Hausbank in Probleme gerate. Der Hintergrund: Geldinstitute müssten in ihren Bilanzen eventuell den Wert ihrer irischen Anleihen herunterschrauben, sagt der Experte. Das zehre an der Eigenkapitaldecke.

Josef Ackermann warnt vor Ausweitung der Krise

Über die Ausgabe von Anleihen, also Schuldverschreibungen, kann sich ein Staat Geld von Investoren leihen. Der Geldverleiher erhält dafür eine Art Prämie, seine Rendite. Und mit Anleihen spekulieren Investoren an den Finanzmärkten in der Hoffnung auf Gewinne. Unter den deutschen Banken sind laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor allem die verstaatlichte Krisenbank Hypo Real Estate (HRE) sowie die teilverstaatlichte Commerzbank stark in Irland engagiert.

Was Irlands Turbulenzen und ein eventueller Hilferuf dagegen für Europa bedeuten, ist laut Experten schwer absehbar. „Wenn sich die Lage weiter destabilisieren sollte, besteht die Gefahr eines Domino-Effekts“, sagt Finanzmarkt-Fachmann Peter Westerheide vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. „Alle paar Wochen oder Monate kehrt die Unsicherheit in die Märkte zurück. Das Spielchen dürfte weiter laufen – mit anderen Ländern.“

Auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sieht die Lage kritisch. Der Vorsitzende des größten deutschen Geldinstituts warnt vor einer Ausweitung der Irland-Krise: „Ein Ausbrechen irgendeines Staates an den Märkten würde jetzt zur Ansteckung führen“. Das gelte es „mit allen Mitteln“ zu vermeiden. Ackermann forderte die Europäische Union auf, „alles zu tun, um jedes Land in Schwierigkeiten aufzufangen“. Europa sei „jeden Preis wert“.

Warnung vor zu strengem Sparkurs

Falls Irland den Euro-Topf anzapft, sollte Europa laut Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) vorsichtig agieren. Es bringe nichts, den Sparkurs der irischen Regierung – oder eines anderen Lands –zu verschärfen, sagt der Wissenschaftliche Direktor des Düsseldorfer Instituts. „Das wäre katastrophal.“ Denn das würde den Konsum lähmen und den Wirtschaftsaufschwung Europas gefährden. Die Politik müsse in so einem Fall gegensteuern: „Sie sollte die Rettungsmaßnahmen laufen lassen – die schützen die Länder vor Spekulationen und Attacken von Investoren“, sagt Horn. „Und wenn sich die Wirtschaft gut entwickelt, lösen sich die Probleme auf Dauer von allein.“