In der evangelischen Kirche ist die Zeit des Übergangs, des Provisorischen, vorbei. Am Dienstag wird die Synode der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen neuen Ratsvorsitzenden wählen. Nikolaus Schneider, Präses der rheinischen Landeskirche, wird Margot Käßmann nachfolgen.
Sie war im Februar nach einer Alkoholfahrt von ihren Ämtern als Bischöfin und Ratsvorsitzende zurückgetreten. Die Menschen lieben sie für ihre Entscheidung, die Kirche hat das schwer getroffen. Sie war die Hoffnungsträgerin schlechthin für sie. Die First Lady des Protestantismus.
Umso größer war der Schrecken über ihren jähen Fall. Nikolaus Schneider, ihr Vi-ze, übernahm sofort. Dass aus dem Rücktritt kein Vakuum entstand, ist sein Verdienst. Statt schillernder Führungsfrau nun also der Mannschaftsspieler, der Berechenbare. Ein Macher-Typ. Der Präses mit sozial-politischem Profil, der Theologe mit ökumenischem Verstand, der Menschenfreund in bestem protestantischem Sinn.
Schwierige Aufgaben warten auf ihn. Da sind nicht nur die über 100 000 Christen , die der Kirche jedes Jahr die Zugehörigkeit aufkündigen. Es ist auch eine grundlegende klimatische Veränderung, im öffentlichen Bewusstsein, im Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Sie zielt auf eine bisher still akzeptierte Stellung der Kirche. Die heftige Debatte um ein Kreuz im Gericht ist nur ein Beispiel dafür. Ein anderes ist die Art, wie über die staatlichen Zahlungen an die Kirchen, die ihren Ursprung in der Säkularisation von 1803 haben, diskutiert wird. Die Kirche muss sich diesem raueren Klima stellen. Da reicht es nicht, jeweils dann, wenn eine Debatte aufflammt, zwei, drei Beiträge beizusteuern. Die Kirche muss mit einer überzeugenden Strategie antworten, will sie nicht verdrängt werden. Schneider ist der richtige Mann dafür.