Straßburg. .

Der Mutterschutz soll europaweit auf 20 Wochen verlängert werden. Dafür hat das Europaparlament gestimmt. In Deutschland jedoch bleibt im Großen und Ganzen alles beim Alten.

Frauen in der EU sollen künftig mindestens 20 Wochen lang Mutterschutz bei vollem Lohnausgleich erhalten - sechs Wochen mehr, als dies bisher in Deutschland der Fall ist. Darauf zielt eine Richtlinie ab, die das Europaparlament am Mittwoch in erster Lesung verabschiedet hat. Die Neuregelung sieht auch einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub vor, ebenfalls bei vollem Gehalt.

Nach dem Willen des Parlaments sollen EU-Staaten wie Deutschland, die eine Elternzeit eingeführt haben, aber die Möglichkeit erhalten, diese mit dem Mutterschutz zu kombinieren. Wenn Frauen die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, wird ein Teil davon auf den Mutterschutz angerechnet. Für diese Regelung hatten sich vor allem deutsche Abgeordnete stark gemacht.

Deutsche Frauen können mit Elternzeit aufstocken - etwas mehr Gehalt

Deutsche Frauen könnten damit den bisher auf 14 Wochen begrenzten Mutterschutz mit Elternzeit aufstocken, erläuterte die CSU-Abgeordnete Angelika Niebler. Für die angerechneten Elternzeit-Wochen fordert das Europaparlament 75 Prozent des letzten Lohnes - also etwas mehr als die bisherigen Zahlungen während der deutschen Elternzeit, die bei 67 Prozent des letzten Gehalts liegen. Wenn Frauen keine Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, soll die Mindest-Mutterschutzfrist von künftig 20 Wochen gelten.

Das Europaparlament habe „endlich verstanden, dass das deutsche Kombi-Modell aus Mutterschutz und Elternzeit vorbildlich“ sei, sagte der CDU-Europaabgeordnete Thomas Mann. Dieser Kompromiss werde zwar geringe Mehrkosten mit sich bringen, bei weitem aber nicht die „befürchteten 1,7 Milliarden Euro“. Diesen Betrag hatten Kritiker einer längeren Mutterschutzfrist vorab für Deutschland genannt.

Ungehalten äußerte sich der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Die Forderung des Europaparlaments sei „überzogen“, kritisierte ZDH-Präsident Otto Kentzler. Eine Ausweitung der Mutterschutzfristen bei voller Gehaltszahlung würde den Arbeitgebern „deutliche Mehrbelastungen“ zumuten, die einem wirtschaftlichen Aufschwung im Wege stünden.

Auch die sozialpolitische Sprecherin der FDP im Europaparlament, Nadja Hirsch, kritisierte die Forderung. Die EU erhole sich erst langsam von der Krise, Mitgliedstaaten und Wirtschaft könnten jetzt nicht „aus dem Vollen schöpfen“.

Besserer Kündigungsschutz

Die Neuregelung sieht auch einen besseren Kündigungsschutz für schwangere Frauen vor. EU-Staaten, die bereits heute Mutterschutzfristen von mehr als 20 Wochen gewähren, wie Großbritannien oder Tschechien, können daran festhalten. Die geplante EU-Richtlinie lege nur Mindeststandards fest, erläuterte ein Sprecher des Parlaments.

Nach der ersten Lesung im Plenum geht die Vorlage nun an den Ministerrat, in dem die 27 EU-Staaten vertreten sind. Sie sind in der Frage bisher gespalten. Mehrere Staaten wehren sich gegen eine Verlängerung der Mutterschutzfristen und dadurch entstehende zusätzlichen Kosten. Parlament und Rat haben in Fragen des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz ein Mitentscheidungsrecht, sie müssen sich also auf einen Kompromiss einigen. (afp)