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Ob Bildungspaket oder Elterngeld: Die Neuregelungen für Hartz-IV-Empfänger sorgen für Aufregung. So halten Lehrerverbände die geplante Nachhilfe für Kinder aus Hartz-IV-Familien für sozial unausgewogen.

Eigentlich will Ursula von der Leyen mit ihrem Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien für mehr Chancengleichheit sorgen. Sie sollen Nachhilfe bekommen, wenn es denn nötig sein sollte. Mit einer entsprechenden Bescheinigung des Lehrers soll dann ein Mitarbeiter des Jobcenters entscheiden, ob Geld für Kurse an Nachhilfeinstitute fließt oder nicht.

Die Lehrer befürchteten nicht nur einen immensen bürokratischen Aufwand und überflüssige Auseinandersetzungen mit den Entscheidern in den Jobcentern. Für sie ist das Paket halbherzig, denn „die Chancengleichheit kann nur in begrenztem Maße verbessert werden“, sagt etwa der Bundesvorsitzende der Lehrergewerkschaft VBE, Udo Beckmann.

Schließlich gibt es eine Menge Einschränkungen: Die Versetzung darf nicht zu stark gefährdet, der Leistungsabfall nicht das Resultat von Schulschwänzerei sein. Was besonders aufregt: Wer den Sprung auf eine höhere Schulform, also auf die Realschule oder das Gymnasium schaffen will, muss alleine pauken. Auf Zuschüsse vom Jobcenter für Nachhilfestunden dürfen diese Hartz-IV-Kinder nicht hoffen. „Wir sind eben wieder auf dem Niveau ,Kleckern statt Klotzen’ angelangt“, so VBE-Chef Beckmann, der massiv die finanzielle Ausstattung kritisiert, mit der arme Kinder gefördert werden sollen: „Am meisten haben von dem ganzen Programm die privaten Nachhilfeinstitute.“ Dabei sollten die Steuermittel lieber in den Ausbau der Ganztagsschulen fließen.

Ähnlich äußert sich auch Peter Silbernagel, Vorsitzender des Philologenverbandes NRW. Seiner Meinung nach müssten alle Kinder, die Nachhilfe wollen, sie auch bekommen. „Wir wollen doch gerade, dass Kinder bessere Aufstiegsmöglichkeiten im bestehenden Schulsystem haben.“

Groß ist die Verunsicherung auch bei den Hartz-IV-Empfängern, die Anspruch auf Elterngeld haben. Denn die Bundesagentur für Arbeit setzt die von der Bundesregierung geplante Kürzung des Elterngelds schon jetzt um – obwohl die Kürzung noch gar nicht in Kraft ist. Bundestag und Bundesrat haben noch gar nicht zugestimmt. Die Opposition hat Widerstand angekündigt.

Doch trotzdem sind die Bescheide mit der Kürzung von 300 Euro (zusätzlich zum Regelsatz von 359 Euro) schon unterwegs. Darin wird den von Hartz-IV abhängigen Eltern mitgeteilt, dass das Elterngeld ab 1.1.2011 als „sonstiges Einkommen” angerechnet wird; mit anderen Worten: Es wird gestrichen.

Die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur verteidigt das Vorpreschen dennoch: „Im vergangenen Jahr bei der Kindergeld-Erhöhung haben wir es anders gemacht”, erläutert Werner Marquis, Sprecher der Regionaldirektion. Das Kindergeld wurde auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Damals habe man das Gesetzgebungsverfahren erst abgewartet. Die „alten” Hartz-IV-Bescheide ohne Abzug des Kindergelds seien dann – wie üblich sechs Monate im voraus – verschickt, die 20 Euro aber parallel gezahlt worden. „Wir mussten dann mit einem enormen Verwaltungs-Aufwand die 20 Euro zurückfordern.” Diesmal habe man einen ähnlich hohen Verwaltungs-Aufwand vermeiden wollen.

„Das hat keine Nachteile”, glaubt jedenfalls die Regionaldirektion. Sollte die Gesetzesänderung so nicht durchkommen, würden die Hartz-IV-Empfänger im Februar 2011 ihr Geld rückwirkend erhalten. Und der alte Betrag bleibe gesichert. Dieses Verfahren sei mit dem Arbeitsministerium abgestimmt.

Der Städtetag allerdings sieht das ganz anders. Er hat beim Ministerium protestiert. Die Städte sind mitbetroffen, weil sie Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Bezieher zahlen. Sie warnen schon jetzt vor einer Klagewelle.