Düsseldorf. .

Vor der Entscheidung um die Rüttgers-Nachfolge ist die NRW-CDU mit Intrigen und Indiskretionen beschäftigt. Gerüchte und Berichte über Abzocker und Maulwürfe bringen der Partei neue Unruhe.

Wenn Norbert Röttgen und Armin Laschet zuletzt über die NRW-CDU sprachen, schwärmten die Konkurrenten um den Landesvorsitz fast wortgleich: Die Partei sei nicht nur politische Heimat, sondern „ein Stück Familie“. Und ja, selbst nach dem Mitgliederentscheid am 31. Oktober würden der Bundesumweltminister und der Ex-Integrationsminister „gute Freunde“ bleiben.

Gestört wird die Harmonie-Offensive der beiden Aspiranten auf das Parteierbe von Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers seit Tagen von einem schmutzigen Machtkampf einiger Hintersassen. Gerüchte und Berichte über Abzocker und Maulwürfe tragen neue Unruhe in die Partei. „Diese negative Wucht hätte ich mir nicht träumen lassen“, klagt Hartmut Schauerte, der frühere Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Andere CDU-Granden vergessen kurz ihren politischen Sprachcode: „Es ist zum Kotzen.“

„Es ist zum Kotzen“

Eröffnet wurde der neuerliche Reigen an Intrigen und Indiskretionen über einen CDU-kritischen Internet-Blog, der schon im Landtagswahlkampf Rüttgers mit gezielten Enthüllungen zu schaffen gemacht hatte. Dort tauchten nun E-Mails auf, die Laschet der Verquickung von Partei- und Regierungsangelegenheiten überführen sollten. Es sind Schriftwechsel des seinerzeitigen Integrationsministers mit einem Ministeriumsreferenten, der zugleich ehrenamtlich in Laschets CDU-Kreisverband arbeitete. In der Substanz sind die Vorwürfe Lappalien, die Durchstechereien nähren jedoch ein Klima des Misstrauens.

Einige mutmaßen, Laschet solle als Landeschef verhindert werden, weil er mit Generalsekretär Andreas Krautscheid weiterarbeiten will. Der frühere Landesminister Krautscheid gilt als enger Vertrauter von Jürgen Rüttgers. Er weckt Aversionen bei jenen, die sich von einem angeblichen „System Rüttgers“ schlecht behandelt fühlten. Krautscheid ist einer, der raubauzig sein kann und in der CDU-Landesgeschäftstelle „aufräumen soll“, wie Laschet den Kampfauftrag formuliert. In der Wasserstraße, wo die Partei ihre Zentrale hat, tobte in den vergangenen Jahren ein Intrigenstadl. Rüttgers-Vertraute und altgediente Mitarbeiter bekämpften sich erbittert. Es hagelte Kündigungen und Klagen, im Gegenzug fanden zahlreiche interne E-Mails, Briefe und Unterlagen den Weg ins Internet.

Bernhard Herzog im Visier

Erst gestern wieder wurde via Internet-Blog die finanziell angespannte Lage der NRW-CDU (3,4 Millionen Euro Minus) genüsslich seziert. Unterdessen eröffnete die Bild-Zeitung das Feuer auf den Düsseldorfer CDU-Kreisgeschäftsführer Bernhard Herzog. Der 51-Jährige soll „Kopf des Affären-Sumpfes“ sein.

Er habe Parteivermögen verprasst, Kollegen bespitzelt und als „Maulwurf“ Interna weitergetragen. Herzog besetzte bis 2009 in der Zentrale der NRW-CDU als Abteilungsleiter für Personal und Finanzen eine Schlüsselposition. Schon länger wird gemunkelt, es gebe Verbindungslinien zwischen ihm und den anonymen Internet-Veröffentlichungen. Herzog bestreitet alle Vorwürfe – und wurde am Donnerstag mit einem Vertrauensvotum der CDU-Angestellten ausgestattet. Sie wählten ihn mit Zweidrittel-Mehrheit als Sprecher in den Landesvorstand. Herzog gilt als Mitglied eines Netzwerks, das am liebsten einen Landesvorsitzenden Röttgen im Gespann mit dem Ruhr-Bezirkschef Oliver Wittke als neuem Generalsekretär in der Wasserstraße einziehen sähe.

Die verwirrenden Frontlinien und Interessenlagen lassen einen Altvorderen wie Hartmut Schauerte ganz erschöpft dreinschauen: „Die CDU“, appelliert er verärgert, „muss bis zum 31. Oktober über ihrer neuen Landesvorsitzenden entscheiden, nicht über den nächsten Generalsekretär oder irgendwelchen anderen Unsinn.“