Stuttgart.

Neuigkeiten von der umstrittenen Großbaustelle in Stuttgart: Die badenwürttembergische Landesregierung hat einen Teilstopp angekündigt. Indes hat der Landespolizeipräsident den gewaltsamen Einsatz der Polizeibeamten verteidigt.

Deeskalation lautet die Devise im erbitterten Streit um das Großbauprojekt „Stuttgart 21“. Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) verkündete gestern den Teilstopp der Abrissarbeiten am Hauptbahnhof. Aber: Während einer Pressekonferenz machte er deutlich, dass diese Entscheidung keinerlei Abstriche an dem umstrittenen Millardenprojekt bedeute.

Und so sieht das „Friedensangebot“ im Detail aus: Der Südflügel des denkmalgeschützten Stuttgarter Bahnhofs soll vorerst nicht abgerissen werden, weitere Bäume sollen erst nach Beginn der Vegetationsperiode 2011, also nicht vor Oktober nächsten Jahres, fallen. Zudem will der Ministerpräsident heute in einer Regierungserklärung ein weiteres „Maßnahmenbündel“ ankündigen, um Gespräche mit den Gegnern des Bahnhofsumbaus auf den Weg zu bringen.

Klares Signal

Auf der Pressekonferenz am Dienstag wurde der Ministerpräsident denn auch mit bohrenden Fragen nach einem Baustopp konfrontiert. Darauf Mappus, sichtlich gereizt: „Es gibt keinen generellen Baustopp – aber nehmen Sie es als klares Signal.“

Auch auf Fragen nach dem umstrittenen Polizeieinsatz bei den Demonstrationen am vergangenen Donnerstag, bei dem zahlreiche Demonstranten verletzt worden waren, wich der Ministerpräsident nicht ab von seiner Position. Entschuldigen müsse man sich nur, wenn man einen Fehler begangen habe, so Mappus. „Darauf habe ich bis dato keinen Hinweis.“

Zudem gebe es keine Erkenntnisse, die darauf hindeuteten, dass der Einsatz der Polizeibeamten unverhältnismäßig gewesen sei. Jetzt solle man Polizei und Parlament die Zeit geben, das Geschehene vernünftig aufzuarbeiten. Mappus: „Ich will, dass alle Fakten klar auf den Tisch kommen.“ Die Bilder des Polizeieinsatzes je­doch hätten alle emotionalisiert – „mich auch“.

Auch Landespolizeipräsident Wolf Hammann zeigte sich in Stuttgart davon überzeugt, dass die Beamten während des umstrittenen Polizei-Einsatzes gegen Projektgegner verhältnismäßig gehandelt hätten. „Ich habe volles Vertrauen in die Einsatzleitung und die Polizisten vor Ort“, so Hammann. Der Inspekteur der Polizei, Dieter Schneider, machte den „massiven Widerstand“ der Demonstranten dafür verantwortlich, dass „Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt werden mussten“.

Die Grünen reagierten betont zurückhaltend auf das signalisierte Entgegenkommen der baden-württembergischen Landesregierung. Die Frage sei, ob dies ein verbales Manöver oder ernsthafte Bemühungen seien, erklärte die Vorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion, Renate Künast, in Berlin. Grünen-Parteichef Cem Özdemir wertete die Ankündigung als Chance, dass Befürworter und Gegner des Projekts ins Gespräch kommen. „Dazu müssen alle Fakten, auch geheime Zahlen, Daten, auf den Tisch, und dann muss man versuchen, sich mit Argumenten auseinanderzusetzen“, sagte er im RBB-Inforadio.

Spitzenpolitiker von CDU und CSU warfen den Grünen Stimmungsmache vor. Die Grünen seien „politische Trittbrettfahrer“, die Angst und Skepsis in der Bevölkerung gegenüber neuen Vorhaben ausnutzten, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich in Berlin.

Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt nannte das Angebot der Landesregierung für einen Teilstopp der Abrissarbeiten halbherzig. Der Schritt werde das Problem „Stuttgart 21“ nicht lösen. Die einzige Chance, so Vogt, sei die von der SPD geforderte Volksabstimmung.