Berlin..

Bei einem bewegenden Auftritt in Berlin würdigt der Ex-Kanzler auch seinen alten Widersacher Schäuble. Die Union müsse sich Europa stärker zuwenden und sich merh um die Menschen kümmern, mahnt der Alt-Kanzler. Über Angela Merkel verliert er kein Wort.

Am Ende seiner Rede findet Helmut Kohl herzliche Worte für den Mann, der einst sein heftigster Widersacher war. Wolfgang Schäuble habe für die Einheit mehr getan als viele andere, würdigt der Altkanzler den Finanzminister, der derzeit im Krankenhaus liegt. „Er ist ein Teil von uns, und das soll er in diesen Tagen wissen.“

Nicht nur deswegen ist es eine bewegende Rede, die der einstige Parteichef gestern zum 20-jährigen Jubiläum der wiedervereinigten CDU gehalten hat. Der Festakt im Palais des Berliner Funkturms ist auch eine Jubelveranstaltung für Helmut Kohl.

Mitglieder der Jungen Union feiern den 80-Jährigen schon vor dem Palais mit Transparenten. Sie danken dem „Kanzler der Einheit“. Einige schwenken Plakate, auf denen steht: „Helmut Kohl, unser Idol“. Im Palais wiederum applaudieren die CDU-Mitglieder dem Altkanzler mit stehenden Ovationen nach seiner gut 20-minütigen Rede.

Diese ist ein Rückblick ohne Bitterkeit, wenngleich Kohl seiner Partei die Leviten liest. Die Union muss sich stärker Europa zuwenden, in ihren Positionen standhafter bleiben und sich mehr um die Menschen kümmern — das sind die Kernbotschaften. Zu­gleich kritisiert Kohl die Union für die Bundeswehrreform. Er könne nicht erkennen, „dass sich die Welt in den vergangenen Jahren so sehr verändert hat, dass die Wehrpflicht nicht mehr möglich sein soll – wenn man sie denn will“.

Seit seinem Schlaganfall fallen Helmut Kohl die Worte schwer. Der Altkanzler redet langsam, mitunter nuschelt der 80-Jährige kaum verständliche Worte. Fast regungslos sitzt das CDU-Urgestein auf dem Podium und spricht den anwesenden Parteimitgliedern Mut zu. „Die CDU ist kein Auslaufmodell, die CDU bleibt ein Zukunftsmodell“, sagt er. Dabei fordert Kohl die Partei auf, eine Diskussion über die eigene Identität zu führen. Eine konservative Haltung und Fortschrittsfreundlichkeit würden sich nicht ausschließen. Das kommt bei den Gästen an, von denen viele noch aus Zeiten der Bonner Republik stammen.

Zu den prominentesten Zuhörern gehören Ex-Finanzminister Theo Waigel und die einstige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Über Angela Merkel verliert Helmut Kohl kein Wort.

Knappe Würdigung

Im Gegenzug würdigt die CDU-Chefin ihren Vorvorgänger nur so knapp, wie es die Etikette eben erfordert. Merkel belässt es dabei, Kohl als Kanzler der Einheit zu preisen und ihm für seine Standhaftigkeit und Umsicht bei der Wiedervereinigung zu danken. In ihrer Rede rechnet Merkel mit der DDR ab und spricht von einem Unrechtsstaat „ohne Wenn und Aber“. Wo es um den Zustand ihrer Partei geht, wird Merkel schwammiger. „Unsere Motivation heißt Deutschland“, sagt die Kanzlerin. „Wir sind keiner Ideologie verpflichtet, keiner sozialen Klasse und keiner Gruppe.“