Genf. Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad hat die schlimmsten Erwartungen erfüllt. Bei seiner Rede auf der Antirassismus-Konferenz in Genf stürmten gleich mehrere EU-Delegierte aus dem Saal. Israel sei das "grausamste und rassistischste Regime", hatte er unter anderem gewettert.

Mit antiisraelischen Äußerungen hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad für einen Eklat bei der Eröffnung der Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen gesorgt. Israel sei das «grausamste und rassistischste Regime», erklärte Ahmadinedschad am Montag in Genf. Rund 40 Delegierte europäischer Staaten verließen daraufhin aus Protest den Saal. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sprach von einer Hassrede. Insgesamt neun Staaten, darunter Deutschland und die USA, boykottieren die fünftägige Konferenz.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reagierte in ungewöhnlich scharfer Form und sagte, Ahmadinedschad habe die Konferenz dazu genutzt, «Schuldzuweisungen zu machen, zu spalten und aufzuhetzen».

«Es ist zutiefst bedauerlich, dass mein Appell, sich der Zukunft der Einheit zuzuwenden, nicht beachtet wurde», sagte Ban. Er hatte die Konferenz zuvor mit einem Appell zum weltweiten Kampf gegen Intoleranz eröffnet.

Der Staat Israel sei mit Unterstützung der USA und Europas unter dem «Vorwand jüdischen Leidens» im Zweiten Weltkrieg gegründet worden, sagte Ahmadinedschad. Seine Rede wurde von mehreren Demonstranten mit Rufen wie «Schande!» und «Rassist!» unterbrochen. Rund 100 Mitglieder vor allem proisraelischer und jüdischer Gruppen hinderten Ahmadinedschad später an der Teilnahme einer Pressekonferenz.

Sarkozy fordert "Reaktion von äußerster Entschlossenheit"

Sarkozy rief die EU nach der Rede des iranischen Präsidenten zu einer «Reaktion von äußerster Entschlossenheit» auf. Ahmadinedschad rufe zum Rassenhass auf und verhöhne die Ideale und Werte, die in der universellen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben seien. Der französische Außenminister Bernard Kouchner nannte die Aussagen des iranischen Präsidenten «inakzeptabel».

Insgesamt neun Staaten, darunter auch Deutschland, haben ihre Teilnahme abgesagt. Sie befürchten unter anderem, dass die fünftägige Konferenz zum Forum für propagandistische Attacken gegen Israel werden könnte. Dagegen entschied sich Frankreich praktisch in letzter Minute für eine Teilnahme.

Erster Boykott Deutschlands

Der französische Botschafter, Jean-Baptiste Mattei, werde die Konferenz aber umgehend verlassen, falls der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad in seiner Rede am Montag anti-semitische Äußerungen von sich gebe, sagte Außenminister Bernard Kouchner in Paris. Er begrüßte, dass Deutschland zumindest mit einem Beobachter in Genf vertreten sei.

Es ist das erste Mal, dass Deutschland eine Konferenz der Vereinten Nationen boykottiert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gab die Entscheidung am Sonntagabend bekannt. Es sei zu befürchten, dass die Veranstaltung - ebenso wie die Vorgängerkonferenz im Jahre 2001 in Durban - als «Plattform für andere Interessen missbraucht» werde, sagte Steinmeier. «Das können wir nicht akzeptieren.»

Keine gemeinsame EU-Haltung

In der EU war bis zuletzt um eine gemeinsame Haltung gerungen worden. Auch Italien und die Niederlande sagten jedoch ihre Teilnahme ab. Außerdem wird die Konferenz von Israel, Kanada, Australien und Neuseeland boykottiert. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bedauerte die Absagen ausdrücklich, als er die Konferenz am Montag eröffnete.

US-Präsident Barack Obama sagte, die Formulierungen des Entwurfs für die Abschlusserklärung ließen befürchten, dass die Konferenz ähnlich verlaufe wie vor acht Jahren. Der Entwurf für das Abschlussdokument erwähnt Israel nicht namentlich, bekräftigt aber die Erklärung von Durban. Die erste «Weltkonferenz gegen Rassismus» endete 2001 mit einem Eklat: Die Delegationen der USA und Israels reisten vorzeitig ab, nachdem es Versuche gegeben hatte, den Zionismus mit Rassismus in Verbindung zu bringen.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, sagte, sie sei «schockiert und tief enttäuscht über die Entscheidung der Vereinigten Staaten, nicht teilzunehmen». Sie räumte ein, dass sich einige Staaten auf ein oder zwei bestimmte Themen beschränken wollten. Es sei aber dennoch wesentlich, das Rassismus-Problem auf globaler Ebene anzugehen.

Jüdische Organisationen begrüßen deutsche Absage

Der Jüdische Weltkongress und der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßten nachdrücklich die Entscheidung der Bundesregierung, nicht an der Konferenz teilzunehmen. Der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, sprach von einem «konsequenten und couragierten Schritt». «Das Ganze ist eine durch und durch verlogene Propaganda-Show für fanatische Israel-Hasser», zitierte ihn das Onlineportal Handelsblatt.com.

Dagegen kritisierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, der Boykott der USA und anderer Staaten spiele jenen in die Hände, die an einem Scheitern der Konferenz interessiert seien. «Die einzigen, die einen Grund zum Feiern haben, sind diejenigen, die den Kampf gegen den Rassismus und den Schutz der Menschenrechte untergraben wollen», erklärte eine Sprecherin von Human Rights Watch, Juliette de Rivero. (ap/afp)

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