Düsseldorf. .

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) warnt im Interview mit der Westfalenpost, dass rechte Gewalt immer mehr zunimmt. Auch zwischen Links- und Rechtsextremisten wird die Konfrontation schärfer, hat der SPD-Politiker festgestellt.

Vergangenes Jahr im Mai der Überfall auf die DGB-Kundgebung in Dortmund, jetzt der Antikriegstag mit zahlreichen Straftaten. Haben wir es mit einer neuen Dimension der Gewalt der rechten Szene zu tun?

Jäger: Ja, die rechte Gewalt eskaliert mehr und mehr. Rechtsextremisten schrecken heute auch vor selbst gebastelten Sprengkörpern nicht zurück. Das zeigen die Ermittlungsverfahren und die Festnahme eines Rechtsextremisten aus der Szene im Raum Aachen vor der Demonstration in Dortmund. Früher zeigte sich Gewalt der rechten Szene in einer Vielzahl einzelner Körperverletzungsdelikte gegenüber Andersdenkenden. Heute suchen sie vermehrt die gewalttätige Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner.

Auch die Gewalt zwischen Rechts- und Linksextremisten nimmt zu, oder?

Es gibt eine zunehmende Konfrontation von Rechts- und Linksaußen. Örtliche Szenen der linksextremistischen Autonomen und der Autonomen Nationalisten provozieren sich wechselseitig im Internet. Die gegenseitigen Kampfansagen verbunden mit konkreten Bedrohungen, wie wir sie etwa in Düren und Aachen sowie in Dortmund feststellen, heizen zusätzlich die aggressive Stimmung zwischen den verfeindeten Lagern auf. Die neue Qualität der Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene ist eine zentrale Herausforderung für Gesellschaft und Politik.

Befürchten Sie in NRW Entwicklungen wie in Berlin oder im Hamburger Schanzenviertel?

In Berlin und im Hamburger Schanzenviertel ist die Situation noch anders als bei uns. Dort leben Jugendliche den besonderen Kick der nächtlichen Randale auf Kosten der Polizei und der Allgemeinheit aus. Solche Krawalle gab es bislang in NRW glücklicherweise nicht. Aber: Auch bei uns springen die Autonomen Nationalisten auf den Zug eventorientierter Aktionen auf. Dafür tarnen sie sich, ziehen sie ihre Springerstiefel aus und orientieren sich am schwarzen Dresscode und Verhalten der linken Autonomen. Sie locken Jugendliche mit der Aussicht auf Action. Das ist aber alles andere als harmlose Freizeitgestaltung, wie die jüngsten Ereignisse beim Antikriegstag in Dortmund wieder zeigen.

Wie wollen Sie dieser Herausforderung begegnen?Wir gehen mit aller Konsequenz und frühzeitig gegen diese beunruhigenden Tendenzen vor. Gewalt ist kein zulässiges Mittel der politischen Auseinandersetzung in unsere demokratische Gesellschaft – egal ob sie von rechts oder links kommt. Um Gewalt bei Demonstrationen verhindern zu können, analysieren wir die Gefahrenlagen im Vorfeld und intensivieren die bewährte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auch auf Bundesebene. Wenn wir konkrete Gefahren für die Sicherheit erkennen und es nicht anders geht, werden wir im Einzelfall, Versammlungen verbieten. Notfalls muss dann das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die vermutete Gefahr im konkreten Einzelfall das Verbot trägt. Die Versammlungsfreiheit ist zwar ein hohes Gut. Sie darf aber auch nicht von Extremisten missbraucht werden.

Wie wollen Sie die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen eindämmen?

Wir werden der offensichtlich wachsenden Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen durch eine neue Präventionspolitik aus einem Guss entschlossen entgegentreten. Besser früh helfen, statt später strafen. Wir müssen jungen Menschen zeigen, dass Gewalt kein Mittel ist, um Ziele zu erreichen.