Konservative wie die Vertriebenen-Präsidentin Steinbach diskutieren, ob eine konservative, eine Sarrazin- Partei in Deutschland eine Chance hätte. Und zwar, weil die CDU nicht mehr konservativ sei. Welch ein Irrtum: Konservativ war die CDU nie. Steinbachs Jammern hat einen anderen Grund: Sie hatte in der CDU noch nie viel zu sagen. Das findet sie schade. Andere nicht.
Die rechte Alternative zur CDU wäre auch nicht eine konservative Partei, in der sich das intelligente, wohlhabende Bürgertum wiederfinden würde; sondern das Gegenteil davon: Eine populistische, lautstarke Ressentiment-Partei, nicht intelligent, sondern tumb. Und deren Zielgruppe wäre nicht das von Merkel vielleicht enttäuschte Bürgertum, sondern eine bildungsferne Verliererschicht. Deren Chef hieße eben gerade nicht Merz, sondern Le Pen auf Deutsch.
Wie steht es nun um das Konservative innerhalb der Union? Es führt ein Schattendasein. Das hat aber auch objektive Gründe. Was taugt ein Bekenntnis zur Nation, wenn die nationale Frage entschieden ist, wenn über Deutschland in den Grenzen von 1937 zumindest als romantische Projektion selbst Vertriebene nicht mehr reden? (Steinbachs Mobilmachungs-These in Bezug auf Polen im Frühjahr 1939 brachte diese Saite noch einmal zum Klingen.) Die Nation als konservativer Bezugspunkt hat seine Relevanz eingebüßt, die Nation wird nicht mehr bedroht, ein für konservativ gehaltener Verteidigungsminister kann also die Wehrpflicht abschaffen. Auch die Kirche stellt nicht (mehr) den konservativen Rahmen für die CDU. Das C in der CDU ist so gut wie antiquarisch. Es wurde noch einmal spürbar, als Merkel den Papst kritisierte wegen der Pius-Brüder. Aber davon ist wenig bis nichts geblieben.
Das gilt auch für die Familie. Das Familienbild, das führende CDU-Repräsentanten von Präsident bis Kanzlerin vorleben, hat nicht mehr zu tun mit der konservativen Projektion von der Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Das Familienbild der CDU ist ergrünt. Konservativ wäre noch die kulturell-religiöse Abgrenzung der Mehrheitsgesellschaft vom Islam, die Sarrazin-Debatte sozusagen. Aber die CDU-Chefin war dessen erste Kritikerin, und Deutschlands erster Integrationsminister, Laschet, bestreitet vehement, dass mangelnde Ausländer-Integration mit Religion zu begründen sei. Über Leitkultur zu reden, halten führende CDU-Politiker (Ausnahme: Lammert) für reaktionär.
Die CDU möchte eine Wohlfühl-Partei sein. Eine fröhliche Formation ohne störende Eigenschaften. Aber eine konservative Alternative gibt es nicht.