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Es klingt fast, als müsse sich die Bundesregierung auch intern vergewissern, das die Entscheidung für die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke dem Wohl des Landes dient. Die Laufzeitverlängerung erscheine „unter Wahrung des hohen Sicherheitsniveaus als das geeignete Instrument, um auch im Stadium des Übergangs in das regenerative Zeitalter das Ziel einer wirtschaftlichen, sauberen und sicheren Energieversorgung zu gewährleisten“. So steht es in dem so heftig kritisierten „Geheimvertrag“ der am frühen Montagmorgen zwischen Bundesregierung und Atomkonzernen geschlossen wurde. Das Papier liegt der NRZ vor.
Die Sicherheit darf
nicht zu viel kosten
Allein – zu viel darf die Wahrung dieses „hohen Sicherheitsniveaus“ nicht kosten. Auch das geht aus dem noch nicht rechtskräftigen Vertrag hervor. Konkret: Wenn die Nachrüstung der 17 deutschen Atomkraftwerke jeweils mehr als 500 Millionen Euro kosten, können die Konzerne sich das auf den Förderbeitrag anrechnen lassen, zu dessen Zahlung sie sich verpflichtet haben. Dieser Beitrag soll in einen Topf fließen, aus dem Klimaschutzmaßnahmen und der Ausbau der erneuerbaren Energie bezahlt wird. Im kommenden und im übernächsten Jahr sollen jeweils 300 Millionen Euro fällig sein, zwischen 2013 und 2016 jeweils 200 Millionen. Macht insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Aber: Dieses Geld ist nur ein Vorschuss und kann von den Konzernen auf die Förderbeiträge angerechnet werden, die sie zwischen 2017 und 2022 entrichten müssen – sie haben sich verpflichtet, ab 2017 neun Euro pro Megawattstunde erzeugten Strom zu zahlen. Macht bei derzeit etwa 150 Millionen Megawattstunden im Jahr 1,4 Milliarden Euro. Theoretisch. Tatsächlich werden die Konzerne laut Vertrag nur für jenen Atomstrom zahlen, den sie jenseits der im bisherigen Ausstiegsszenario festgelegten Reststrommengen produzieren.
Das heißt: Insgesamt könnte zwar bis zum endgültigen Aus der Atomkraft (frühestens 2036, wahrscheinlich aber nach 2040) eine zweistellige Milliardensumme in den Topf fließen. Aber erst in den nächsten Dekaden. Einen wirklich nennenswerten Betrag für den Klimaschutz werden die Atomkonzerne über diesen Förderbeitrag erst frühestens ab etwa 2020 oder 2021 leisten, wenn rein rechnerisch nach dem bisherigen Ausstiegsszenario die letzten Meiler vom Netz gegangen wären. Nicht nur das: Wenn die geplante Brennelementesteuer – die soll bis 2016 gezahlt werden – nicht die von der Bundesregierung angestrebten 2,3 Milliarden Euro im Jahr einbringt, sollen die Förderbeiträge zur Auffüllung genutzt werden. Das heißt, dass eigentlich für den Klimaschutz gedachtes Geld in die Sanierung des Haushaltes fließen würde. Und damit ist zu rechnen - ursprünglich war geplant, den Brennstoff mit 220 Euro pro eingesetztem Gramm Plutonium oder Uran zu besteuern. Jetzt hat man sich auf nur 145 Euro geeinigt. Von ihrem vehementen Protest gegen die Brennstoffsteuer lassen die Konzerne übrigens auch nicht in dem Papier ab: Die Energieversorger machen darin „erhebliche Zweifel“ an der rechtlichen Zulässigkeit der Steuer geltend und behalten sich „unabhängig von diesem Vertrag rechtliche Schritte gegen dieses Gesetz vor“.
Zudem haben sich die Konzerne eine Menge weiterer Schutzklauseln in den Vertrag schreiben lassen, um sich gegen künftiges Regierungshandeln abzusichern. Der Förderbeitrag für den Klimaschutz fällt nicht nur geringer aus, wenn sicherheitsbedingte Umrüstkosten höher als 500 Millionen Euro pro Kraftwerk werden; auch wenn die Brennelementsteuer über die vereinbarten 145 Euro pro Gramm Brennstoff angehoben oder der Zeitraum der Besteuerung verlängert würde, müssten die Förderbeiträge entsprechend gemindert werden. Dasselbe gilt auch, „wenn eine anderweitige Steuer, Abgabe oder sonstige Belastung eingeführt, begründet oder erhöht wird“, die mit der Nutzung der Kernenergie zusammenhängt. Somit schränkt die Bundesregierung den Handlungsspielraum kommender Regierungen erheblich ein.
„Das sieht nach einem
schmutzigen Deal aus“
Allerdings findet sich auch ein Passus, nachdem die Konzerne stärker zur Kasse gebeten werden könnten. Dann nämlich, wenn der Strompreis klettert, und zwar über den aktuellen Großhandelspreis von 53,83 Euro pro Megawattstunde. Dann würden die bislang vereinbarten 9 Euro Förderbeitrag pro Megawattstunde nach oben angepasst – allerdings erst, wenn der Preis auf über 64 Euro steigt.
In der Opposition sind die Details des Vertrages auf heftige Kritik gestoßen. „Das sieht nach einem schmutzigen Deal aus“, sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn der NRZ. Die Grenze von 500 Millionen Euro für die Nachrüstung der Meiler sei zu niedrig angesetzt. Umweltminister Röttgen habe ursprünglich 1,2 Milliarden Euro veranschlagt. SPD-Chef Gabriel sprach von einem „dreisten Verkauf“ der Sicherheit der Bevölkerung.