Berlin. .
Die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, verteidigte umstrittene Weltkriegs-Bemerkung vor Unions-Fraktion: Polen habe 1933 zuerst mobil gemacht. Steinbach fühlt sich absichtlich missverstanden.
In der Union wächst die Empörung über mehrere Vertriebenen-Politiker der Partei, darunter die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach. In der Vorstandssitzung der Unions-Bundestagfraktion distanzierte sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann am Mittwoch ausdrücklich von Äußerungen der beiden Vertriebenen-Funktionäre Arnold Tölg und Hartmut Saenger, die der BdV als stellvertretende Mitglieder des Stiftungsrats der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung (SFW) benannt hatte. So hatte der baden-württembergische BdV-Chef Tölg davon gesprochen, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hatte und der deutsche Angriff auf Polen nur der zweite Schritt gewesen sei.
Zum wirklichen Politikum wurde der Vorfall aber vor allem dadurch, dass Steinbach die beiden nach der Neumann-Kritik in Schutz nahm und ankündigte, sie wolle beide auf der nächsten BdV-Sitzung für ihre Äußerungen verteidigen.
Schockenhoff fordert Ausschluss aus der Union
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff kritisierte Steinbach scharf: „Es muss klar sein, dass es hier nicht um Meinungsverschiedenheiten, sondern Geschichtsklitterung geht. Eine solche Meinung hat in der Fraktion und der Partei keinen Platz“, sagte Schockenhoff der Nachrichtenagentur Reuters. „Der Hinweis auf die Mobilmachung Polen ist absurd - als ob dadurch der Einmarsch Polens ins Deutsche Reich bevorgestanden hätte.“ Jeder wisse, dass dies Unsinn sei und Hitler einen Krieg vorbereitet habe. Schockenhoff betonte am Donnerstag, er fordere damit aber nicht den Parteiausschluss.
Steinbach bestätigte nach einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ , dass sie in der Sitzung gesagt habe: „Und ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1933 mobil gemacht hat.“ Sie legte dem Blatt zufolge allerdings Wert darauf, dass sie damit die Kriegsschuld Deutschland nicht habe bestreiten wollen und fühle sich absichtlich missinterpretiert. In die aufkommende Empörung, habe sie gerufen: „Da können Sie mich ja ausschließen, wenn Sie wollen.“
Schon zuvor war Steinbach dem Bericht zufolge in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Fraktionsführung aneinandergeraten. Sie habe den Umgang der Parteiführung mit dem suspendierten Bundesbanker Thilo Sarrazin und dessen umstrittenen Integrationsthesen als „grottenschlecht“ kritisiert. Sarrazins Vorstellungen zur Genetik seien ihr „völlig egal“. Sie wolle nicht akzeptieren, wie Sarrazin mundtot gemacht werde, habe Steinbach gesagt. Der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder habe sie scharf zurechtgewiesen. (rtr)