Köln..

Wolfgang Clement wirft der SPD-Führung für ihren Umgang mit Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin Verleumdung vor. Unterdessen hat Sarrazin mehr Integrationsdruck auf Zuwanderer gefordert.

Der frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat der SPD-Führung für ihren Umgang mit dem umstrittenen Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin Verleumdung vorgeworfen. Die SPD gebe sich einer „hierzulande eingeübten Empörungskultur“ hin und werde „blind und taub für die Probleme“ der Migrationspolitik, sagte Clement der „Legal Tribune Online“. „Jeder, der ihn kennt, weiß, dass es verleumderisch ist, ihn auch nur in die Nähe rassistischer Überlegungen oder gar Überzeugungen zu bringen.“

Die SPD-Spitze um Parteichef Sigmar Gabriel hatte vor einer Woche einstimmig ein Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin in Gang gebracht. Das frühere SPD-Mitglied Clement bezeichnete dies als „erschreckend“ und „unwürdig“. Sarrazins Aussagen über eine mangelnde Integration bestimmter Migrantengruppen und dessen Schlussfolgerungen für eine andere Integrationspolitik seien „nicht nur unangreifbar“, sondern „sogar äußerst hilfreich“.

SPD solle sich der Vorschläge annehmen

Die SPD wäre nach Clements Worten gut beraten, sich Sarrazins Vorschläge anzueignen, wonach Integration vor allem auf Bildung und Qualifikation statt auf „sozialen Reparaturmaßnahmen“ fußen solle. Die Empörung drehe sich fast ausschließlich über Sarrazins „in der Tat dummen Bemerkungen“ über jüdische beziehungsweise baskische Gene“. Diese ließen sich jedoch leicht ausräumen.

Auch gegen Clement hatte die SPD ein Parteiausschlussverfahren angestrengt, weil er vor der hessischen Landtagswahl 2008 vor einer Wahl der SPD gewarnt hatte. Schließlich beließ es das Parteischiedsgericht bei einer Rüge. Clement trat daraufhin selbst aus der SPD aus.

SPD beginnt Ausschlussverfahren gegen Sarrazin nächste Woche

Die SPD will das angekündigte Parteiordnungsverfahren gegen Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin kommende Woche offiziell starten. Dies teilte Generalsekretärin Andrea Nahles in Berlin mit. In der SPD werde man für das Vorgehen der Parteispitze gegen Sarrazin werben.

Nahles betonte, dass die vielen Anrufe und E-Mails in der SPD-Zentrale zur Integrationsdebatte keineswegs zu 90 Prozent Zustimmung für Sarrazins Thesen signalisierten. Vielmehr zeigten sich viele Stimmen „irritiert, was der Kern der Aufregung ist“. Hier sei noch viel Kommunikationsarbeit zu leisten. Inhaltlich wollte sich Nahles zum Ausschlussverfahren gegen Sarrazin nicht äußern, weil sie intern für das Verfahren zuständig sei.

Zur Integrationsdebatte selbst sagte sie, wichtig sei, Bildungs-und Sprachdefizite frühzeitig zu bekämpfen und die Eltern dabei einzubeziehen. Die Schulpflicht müsse durchgesetzt, Verstöße dagegen müssten mit „entsprechender Härte“ geahndet werden, sagte Nahles.

Sarrazin fordert mehr Integrationsdruck

Während einer Podiumsdiskussion in Berlin hat Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) mehr Integrationsdruck auf Zuwanderer gefordert. „Wir brauchen Integration durch Arbeit und beruflichen Aufstieg“, sagte Sarrazin am Montag . Dies müsse vor allem ein Prozess des Forderns sein. „Bei Leistung darf es keinen Rabatt geben“, fügte Sarrazin hinzu.

Die Einführung von Zielvorgaben für Zuwanderer beispielsweise am Arbeitsmarkt lehnte der Banker weitgehend ab. „Quoten kommen nur als allerletzter Notbehelf infrage.“ Sarrazin steht wegen umstrittener Thesen zur Integrationsbereitschaft vor allem von muslimischen Zuwanderern in der Kritik. Ihm drohen ein Parteiausschlussverfahren sowie die Abberufung von seinem Bundesbankposten.

Süssmuth will sachliche Integrationsdebatte

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) plädierte für mehr Integrationsanreize. „Kontrolle muss auch sein“, sagte Süssmuth. Vor allem aber müssten bestimmte Zuwanderergruppen in die Lage versetzt werden, zu lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen. Die familiäre und außerfamiliäre Erziehung müsse stärker zusammengeführt werden, ergänzte die CDU-Politikerin. Bildung sei für erfolgreiche Integration ganz entscheidend. Süssmuth forderte eine sachliche Integrationsdebatte. „Insgesamt brauchen wir „mehr Anreize, weniger Reden, mehr Handeln“, betonte Süssmuth. (ddp/dapd)