Berlin. .

Begleitet von lautstarken Protesten hat die Bundesregierung mit entscheidenden Beratungen über längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke begonnen. Die Sicherheit der Bevölkerung werde „gegen Geld verkauft“, so SPD-Chef Gabriel.

SPD und Grüne werfen der Bundesregierung in der Atomdebatte verantwortungslose Lobby-Politik vor. „Es geht nur um rein wirtschaftliche Interessen“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Sonntag vor dem Kanzleramt in Berlin, wo Regierungsvertreter über die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke berieten. Die Sicherheit der Bevölkerung werde „verkauft gegen Geld“, kritisierte Gabriel. Zudem bremse die schwarz-gelbe Koalition den Ausbau der erneuerbaren Energien, egal auf welche Laufzeitverlängerung sich die Koalition verständige. Gabriel versicherte, SPD und Grüne würden die Atom-Entscheidung von Schwarz-Gelb sofort rückgängig zu machen, sobald sie in eine gemeinsame Regierung kämen.

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte ebenfalls am Rande der Proteste vor dem Kanzleramt: „Ich verspreche der Bundesregierung einen heißen Herbst.“ Die Koalition könne nicht am Willen der Bevölkerung und an Sicherheitsproblemen vorbei entscheiden. Gegen diese „falsche, unverantwortliche Lobbypolitik“ werde es Widerstand auf allen Ebenen geben - in den Parlamenten von Bund und Ländern wie auch auf der Straße.

Gabriel und Roth äußerten sich am Rande einer Protestaktion von Atomkraftgegnern vor dem Kanzleramt. Zu der Kundgebung waren mehrere hundert Menschen gekommen. Sie trugen Transparente und machten ihrem Protest lautstark mit Tröten und Pfeifen Luft. Zudem ließen sie Hunderte schwarze und gelbe Luftballons steigen als Symbol für die Gefahr der Kernenergie. Am 18. September ist eine große Anti-AKW-Demonstration in Berlin geplant.

Merkel mit Ministern zu Laufzeitberatungen zusammengekommen

Die Beratungen über längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke gehen in die entscheidende Phase. Im Kanzleramt in Berlin kamen am Sonntag die zuständigen Ressortchefs, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), zu einem Spitzentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nimmt an der Runde teil. Am frühen Nachmittag stoßen die Partei- und Fraktionschefs von Union und FDP dazu.

Bei dem Atom-Gipfel will die Regierung nach monatelangem Ringen über die Laufzeitverlängerungen entscheiden. Mitte der Woche sollen die Fraktionen von Union und FDP über den Vorschlag der Spitzenrunde abstimmen. Bislang ist der Atomausstieg für das Jahr 2022 gesetzlich festgeschrieben. Merkel hatte zuletzt Sympathien für eine Laufzeitverlängerung von 10 bis 15 Jahren erkennen lassen, zugleich aber klargemacht, dass sicherheits- und verfassungsrechtliche Fragen ebenfalls berücksichtigt werden müssten. (ddp/afp)