Wiesbaden. .

Volker Bouffier ist neuer Ministerpräsident des Landes Hessen. Der Landtag in Wiesbaden wählte den 58-Jährigen bisherigen Innenminister zum Nachfolger seines zurückgetretenen Parteifreunds Roland Koch.

Der CDU-Politiker Volker Bouffier ist zum neuen hessischen Ministerpräsidenten gewählt worden. Der bisherige Landesinnenminister erhielt am Dienstag im Wiesbadener Landtag 66 von 116 Stimmen. Er tritt damit die Nachfolge von Roland Koch (CDU) an, der sich aus der Politik zurückzieht. Bouffier hatte bereits am Montag einen umfassenden Umbau des Kabinetts angekündigt. Die Minister sollen ebenfalls am Dienstag vereidigt werden. In Wiesbaden regiert seit 2009 eine CDU/FDP-Koalition.

Koch war am Montagabend im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Altkanzler Helmut Kohl (beide CDU) mit militärischen Ehren aus dem Amt verabschiedet worden. Er hatte im Mai nach elf Jahren im Amt des Ministerpräsidenten seinen Rückzug angekündigt. Er will in die Wirtschaft wechseln. Er ließ bislang aber offen, welchen Posten er anstrebt.

Vom „schwarzen Sheriff“ zum Landesvater

Es ist die Krönung von Bouffiers politischer Karriere, und vielleicht auch eine Genugtuung, tritt Bouffier doch die Nachfolge seines Freundes Roland Koch an. Das Verhältnis zu dem sechs Jahre Jüngeren prägte Bouffiers Karriere stark: Beide gehörten zu jener Gruppe hessischer Jungpolitiker, die sich einst an einer Autobahn-Tankstelle in der Wetterau trafen, und sich dort gegenseitige Unterstützung gelobten.

Der „Tankstellen-Connection“ wegen stand Bouffier wohl auch mehr als elf Jahre treu zu Koch stand und diente ihm als „ewiger Kronprinz“ obwohl der Jüngere als Ministerpräsident an ihm vorbei zog und sich Bouffier schon als „Prinz Charles von Hessen“ necken lassen musste. Nun darf Bouffier seinen Freund gleich doppelt beerben: Erst wählte ihn der CDU-Parteitag in Willingen am 12. Juni zum Landesvorsitzenden der hessischen CDU, seit Dienstag ist er auch Ministerpräsident.

Karrierestart in der Jungen Union

Begonnen hat Bouffiers Karriere als Landesvorsitzender der Jungen Union von 1976 bis 1984. Seine Wurzeln hat der studierte Jurist in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt Gießen, hier saß er von 1979 bis 1993 im Stadtrat, hier lebt der Familienvater mit seiner Frau und seinen drei Kindern bis heute in einem einfachen Haus. In den Landtag zog Bouffier 1991 ein, seit dem Jahr war er auch stellvertretender Landeschef der CDU. In die erste Regierungsverantwortung holte ihn der damalige Ministerpräsident Walter Wallmann, unter dem Bouffier bis zur Wahlniederlage der CDU 1991 Staatssekretär im Justizministerium war. Mit Koch als Ministerpräsident kehrte Bouffier 1999 an die Macht zurück, jetzt als Innenminister.

Als Hüter der Ordnung wurde er schnell Kochs Mann für die harte Linie. Sein oft kompromissloser Kampf für Rasterfahndung, Videoüberwachung, Kennzeichenlesegeräte oder Telefonüberwachung brachte ihm den Beinamen „Schwarzer Sheriff“ ein, und zweimal den kritischen „Big Brother Award“ wegen Verletzung der bürgerlichen Freiheiten. Das Land Hessen machte Bouffier allerdings zu einem der sichersten in der Kriminalstatistik. Hessische Polizeikräfte waren maßgeblich an der Festnahme der islamistischen „Sauerland-Gruppe“ beteiligt. Heute rühmt sich Bouffier, Hessen habe die modernste Polizei Deutschlands.

Allerdings zog Bouffier von Anfang an auch Affären auf sich. Kritik hagelte es schon, als er 2002 die Folterandrohung des Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner gegen den Entführer des Bankierssohn Jakob von Metzler, Markus Gäfgen, verteidigte. 2007 kam es zum Skandal um rechtsradikale Umtriebe bei Personenschützern für den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, zu denen Bouffier schwieg. Demonstrierende Polizisten wurden von ihrem obersten Chef schon mal beschimpft, Staatsanwälten und Richtern bescheinigt Bouffier mal eine unzutreffende Rechtsauffassung, wenn sie von seiner abweicht. So geschehen, als die Staatsanwaltschaft 1999 gegen Bouffier wegen Parteiverrat ermittelte. Er hatte als Rechtsanwalt in einem Scheidungsverfahren sowohl den Mann als auch die Ehefrau vertreten.

Die Regierungsgewalt geht „vom Volker aus“

Das Verfahren verfolgte Bouffier bis ins Ministeramt und wurde schließlich gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Geschadet hat es Bouffier ebenso wenig, wie der derzeitige Untersuchungsausschuss: Die Opposition wirft ihm vor, seinen Parteifreund Hans Langecker zum Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei gemacht und dabei Recht gebrochen zu haben. Bouffier weist die Vorwürfe zurück. Haften bleiben solche Skandale auch nicht, obwohl die Opposition schon mal spöttelnd mahnte, die Gewalt im Staate gehe vom Volke aus - „nicht vom Volker“.

Nun geht zumindest die Regierungsgewalt in Hessen vom Volker aus, und der verspricht seinem Volk „Neues“. Der Neue im Amt könnte jedenfalls künftig weniger den harten Sheriff als vielmehr den Landesvater herauskehren: Bouffier gilt als volksnaher Kumpeltyp, der sich gerne um Probleme ganz normaler Menschen kümmert. Davon hat er die kommenden Jahre eine ganze Menge. Einen roten Löschzug könnte Bouffier da gut brauchen. (afp/apn)