Lingen. .
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will von den Atomkraftbetreibern bei einer Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten finanzielle Zusagen über die geplante Brennelementesteuer hinaus.
„Um das Ziel der Haushaltskonsolidierung zu erreichen, haben wir eine Abgabe im Auge“, sagte Merkel am Donnerstag in Lingen beim Besuch eines Kernkraftwerks des Energiekonzerns RWE. „Darüber hinaus müssen wir darüber sprechen, in welcher Weise die Energieversorger einen Beitrag für die erneuerbaren Energien leisten werden“, fügte sie hinzu.
Am Dienstag hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bereits betont, dass im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei, dass die zusätzlichen Gewinne aus längeren Laufzeiten für die Förderung der erneuerbaren Energien eingesetzt werden sollen.
Atomsteuer soll diese Woche beschlossen werden
Zur Ausgestaltung der Steuer und Form sowie die Höhe einer weiteren Abgabe der Energiekonzerne hatte sich Röttgen nicht geäußert. Beide Beschlüsse, also sowohl der Beitrag aus einer Brennelementesteuer von 2,3 Milliarden Euro jährlich als auch die Formulierungen des Koalitionsvertrages, seien aber gültig. „Wie man das verknüpft, muss diskutiert werden“, hatte Röttgen gesagt, der dabei laut eigener Aussage aber Belastungsgrenzen der Unternehmen im Auge behalten will.
Die Frage, wie lange deutsche Atomkraftwerke länger in Betrieb bleiben dürfen und welche Gegenleistung die Versorger dafür erbringen müssen, spaltet derzeit die Politik. Die im Juni vorgestellten Pläne zur Besteuerung des Brennelementeeinsatzes lehnen die Konzerne ab und plädieren stattdessen für eine Fondslösung. Das Bundeskabinett will die Steuer in der kommenden Woche beschließen und Ende September ihr Energiekonzept vorlegen, in dem die Laufzeitfrage geklärt werden soll.
Proteste von Atomkraftgegnern
Vor dem Kraftwerk in Lingen demonstrierten bei Merkels Besuch hunderte Umweltschützer und Atomkraftgegner gegen eine Laufzeitverlängerung für Reaktoren. „Atomkraft ist keine Brücke, sondern ein Irrweg, der Deutschland in eine gefährliche energiepolitische Sackgasse führt“, erklärte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl. Die Umweltschutzorganisation WWF äußerte die Befürchtung, die Verschiebung des Atomausstiegs blockiere den Ausbau erneuerbarer Energien.
SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel bei den Verhandlungen mit der Energiebranche über längere Akw-Laufzeiten den Versuch „eines glatten Verfassungsbruchs“ vor. Sie habe die Absicht, den ressortmäßig für die Sicherheit der Atomkraftwerke zuständigen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) „von den eigentlichen Laufzeitverhandlungen auszuschließen“, sagte Gabriel der „Leipziger Volkszeitung“. Die Kanzlerin beabsichtige „einen schmutzigen Deal mit der Atomwirtschaft“. Die CDU wies die Vorwürfe zurück. (ddp/afp)