Ein politischer Profi soll er sein, aber auch bescheiden und volksnah. Er soll kluge Reden halten können, aber bitte nicht so kompliziert daherkommen. Er soll jung und unverbraucht sein, gleichwohl Erfahrung mitbringen. Er soll kein typischer Polit-Funktionär sein, ein Seiteneinsteiger aus einer anderen Branche wäre allerdings auch nicht recht, den hatten wir schließlich gerade. Ach, ja: Und er darf gern eine Frau sein. Fertig wäre der künftige Bundespräsident.

Aber im Ernst: Horst Köhlers spektakulärer Abgang hat die ohnehin schwächelnde Regierung Merkel zusätzlich unter Druck gesetzt. Eine schnelle und gleichzeitig überzeugende personelle Lösung für den vakanten Posten des Staatsoberhaupts muss her, will die angeschlagene Kanzlerin Handlungsfähigkeit beweisen. Doch es geht in diesen Tagen in Berlin um mehr als Merkels Image. Es geht um eine Führungspersönlichkeit, die – jenseits des Parteienstreits – in wichtigen Fragen Orientierung gibt und eine Richtung aufzeigt. Es geht also, nicht nur formal, um eine Top-Personalie der Republik.

Richard von Weizsäcker hatte diese Anforderungen erfüllt; mit seiner Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes etwa oder mit seinem energischen Eintreten für Berlin als Hauptstadt des vereinten Deutschland. Roman Herzog hat dies getan mit klugen gesellschaftlichen Analysen; genauso Johannes Rau mit seiner wegweisenden Rede zur Gentechnik. Horst Köhler dagegen verstand sich als Mitspieler im politischen Alltagsgeschäft. Er wollte etwas bewegen, überschritt dabei jedoch die Grenzen seines Amtes. Auch daran ist Köhler gescheitert.

Wenn nicht alle politischen Signale trügen, stehen den Bundesbürgern höchst ungemütliche Zeiten bevor. Die Sparrunde der Berliner Koalitionsspitzen am Wochenende dürfte nur der Auftakt zu einer Serie von schmerzlichen Leistungskürzungen auf der einen und Abgabenerhöhungen auf der anderen Seite sein. Die Länder ächzen nicht minder unter der Schuldenlast, von den Kommunen ganz zu schweigen. Es braucht großes politisches und kommunikatives Geschick, um den Bürgern die Notwendigkeit der Einschnitte glaubhaft zu vermitteln.

Dies wäre eigentlich der Job der Regierung. Doch die taumelt von einer Verlegenheit in die nächste, wechselt die Richtung im Wochentakt. Ein starker Bundespräsident könnte diese Aufgabe übernehmen, ohne dabei seine Rolle zu überziehen. Deshalb müssen Merkel und Westerwelle schon im eigenen Interesse einen starken Kandidaten präsentieren. Und wenn es am Ende eine Frau sein sollte – umso besser. Die Zeit für die erste Bundespräsidentin ist reif.