Berlin. .
In einem Berliner Hinterhof machten Jugendliche Radau. Der Polizist wollte eingreifen. Kaum war er zur Stelle, da zertrümmerte ihm ein Heranwachsender mit einem Baseballschläger das Gesicht. Mehrere Operationen später bekam der Schutzmann von einem Betrunkenen einen Tritt ins Gesicht und musste wieder ins Krankenhaus.
Angriffe auf Polizisten wie im Falle des Berliner Beamten, den der Kriminologe Christian Pfeiffer schildert, werden immer häufiger. Zwischen 2005 und 2009 haben die Attacken auf Ordnungshüter, die dann mindestens sieben Tage dienstunfähig waren, um gut 60 Prozent zugenommen. Dies geht aus der Großstudie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) hervor, die dessen Chef Pfeiffer am Mittwoch vorstellte. An der Erhebung „Gewalt gegen Polizeibeamte“ hatten sich 21 000 Beamte aus zehn Bundesländern beteiligt. NRW machte wegen des umstrittenen Fragenkatalogs nicht mit. Die Fragen galten zum Teil als tendenziös.
„Die Helden des Alltags in der Polizei sind die Streifenbeamten“, fasste Pfeiffer zusammen. Sie müssen am meisten einstecken. So wurden in den vergangenen fünf Jahren knapp 13 Prozent der Befragten mindestens einmal attackiert und waren danach einen Tag oder länger dienstunfähig. 0,9 Prozent mussten anschließend mehr als zwei Monate pausieren.
Von einer „zunehmenden Respektlosigkeit gegenüber Amtsträgern“ sprach Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Nach der Studie wurden allein 2009 vier von fünf Polizisten beleidigt, fast jeder zweite wurde gestoßen und gut jeder vierte geschlagen oder getreten.
Mit Blick auf die heute beginnende Innenministerkonferenz in Hamburg forderte Schünemann, die Mindeststrafe bei Angriffen auf Polizisten zu erhöhen und das Höchstmaß von zwei auf vier Jahre zu steigern. Derzeit ist im Justizministerium ein Gesetzentwurf in Arbeit, der als Mindeststrafe eine Geldbuße vorsieht. „Höhere Strafandrohung gleich besserer Schutz ist eine Milchmädchenrechnung, die nicht aufgeht“, warnte die innenpolitische Sprecherin der FDP, Gisela Piltz, vor Aktionismus. Damit sei keinem Polizisten geholfen, der sich gewaltbereiten Randalierern gegenübersehe. Pfeiffer sieht das ähnlich und plädierte für mehr Präventionsmaßnahmen.
Im Herbst will das KFN den zweiten Teil der Studie veröffentlichen, der sich mit den Gewalttätern befasst. Trends sind jetzt schon erkennbar. So seien die Angreifer immer jünger, immer betrunkener und immer linker, sagte Pfeiffer. „Bei Jugendlichen haben wir in den letzten zehn Jahren einen Anstieg um 80 Prozent und bei den über 30-Jährigen überhaupt keine Zunahme festgestellt.“