Berlin. .
Kurz vor der NRW-Landtagswahl gibt es in der Union offenbar Streit um den Kurs in der Steuerpolitik. Mehrere CDU-Ministerpräsidenten haben am Samstag laut Medienberichten, Bundeskanzlerin Merkel aufgerufen, auf Steuersenkungen zu verzichten.
Auch nach der Steuerschätzung zeichnet sich in der Frage möglicher Entlastungen innerhalb der Koalition keine klare Linie ab. Verschiedene Ministerpräsidenten appellierten offenbar an die Bundesregierung, endgültig von dem Vorhaben abzurücken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält allerdings unter Verweis auf den Koalitionspartner FDP daran fest. Auch CSU-Chef Horst Seehofer bekannte sich zu Steuersenkungen.
Neben Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderten am Samstag auch andere Länderchefs Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Verzicht auf Steuersenkungen auf. Wegen der mäßigen Umfragewerte der Union vor der NRW-Wahl wurden auch Rufe nach einer Debatte über das Parteiprofil laut.
Angespannte Lage in den Länder-Haushalten
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete, Koch habe bei einem Treffen der Unionsregierungschefs am vergangenen Donnerstag in Berlin gefordert, die Bundesregierung müsse definitiv erklären, dass in dieser Legislaturperiode Steuersenkungen nicht mehr möglich seien. Neben dem hessischen Regierungschef hätten auch dessen Amtskollegen aus dem Saarland und Schleswig-Holstein, Peter Müller und Peter Harry Carstensen (beide CDU), auf die extrem angespannte Lage in ihren Landeshaushalten hingewiesen.
Die "Leipziger Volkszeitung" berichtete, unmittelbar nach der NRW-Wahl würden die Ministerpräsidenten der unionsgeführten Bundesländer für einen Stopp der Steuersenkungspläne mobil machen. Entweder Merkel spreche von sich aus "Klartext, oder wir Ministerpräsidenten aus unserer Verantwortung für das Gemeinwohl heraus sorgen für ein vorläufiges Ende der Steuerdebatte", zitierte die Zeitung einen Regierungschef.
Nach einem Bericht des "Handelsblatts" warb Merkel bei dem Treffen in der sächsischen Landesvertretung um Verständnis für die FDP und ihre Forderung nach Steuersenkungen. Die Unionsspitze habe Sorge, dass die Liberalen sich im Falle eines Verlusts der Regierungsbeteiligung in NRW noch mehr als bislang als "Opposition in der Regierung" gerierten, berichtete das Blatt unter Berufung auf Teilnehmerangaben.
CDU-Streit ums Parteiprofil
Die Liberalen fordern bis zum Ende der Legislaturperiode noch Entlastungen in Höhe von 16 Milliarden Euro. FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte der "Wirtschaftswoche", er sehe angesichts von in der Steuerschätzung vorhergesagten Einnahmesteigerungen um mehr als 70 Milliarden Euro bis 2014 durchaus Möglichkeiten, eine leichte Steuerentlastung umzusetzen.
In der CDU bahnte sich zudem eine neue Auseinandersetzung zwischen Modernisierern und Konservativen an: "Es gibt am Sonntag in NRW möglicherweise Wahlergebnisse, die es der Union noch schwerer machen, sichtbar zu bleiben", sagte der thüringische CDU-Fraktionschef Mike Mohring der "Leipziger Volkszeitung". Dem Bericht zufolge wollen die als Merkel-Kritiker geltenden CDU-Fraktionsvorsitzenden in den Landtagen von Sachsen, Thüringen und Hessen am Montag mit Merkel über eine Schärfung des Parteiprofils beraten.
Bei den Wahlen in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, könnte es nach Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün geben. Allerdings verfügen CDU und FDP laut Meinungsforschern bereits seit Monaten nicht mehr über eine Mehrheit. Ein Machtwechsel in dem Bundesland könnte auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat zuungunsten der Bundesregierung verändern. Einige wichtige Projekte von Union und FDP wären dann vom Scheitern bedroht.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz stellte indes klar, dass seine Partei im Bundesrat auch nach einer möglichen Wahlniederlage der schwarz-gelben Koalition in Düsseldorf weiter auf konstruktive Politik setzen werde. Eine "Blockadepolitik" werde die SPD nicht betreiben, sagte Scholz dem "Darmstädter Echo". (afp)