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„So wahr mir Gott helfe!“ Diesen Zusatz wählte die Muslimin Aygül Özkan, als sie ihren Amtseid als neue Sozialministerin Niedersachsens ablegte. Irritiert bis verstört zeigten sich darauf Sprecher christlicher Kirchen. Denn: Welchen Gott meinte sie?
„So wahr mir Gott helfe!“ Diesen Zusatz wählte die Muslimin Aygül Özkan, als sie ihren Amtseid als neue Sozialministerin Niedersachsens ablegte. Sie bat um Gottes Hilfe, so wie viele ihrer christlichen Kollegen auch. Sie berief sich dabei auf den „einen und einzigen Gott, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“, der Christen, Juden und Moslems gemeinsam sei.
Irritiert bis verstört zeigten sich darauf Sprecher christlicher Kirchen. „Wir Christen sehen schon einen deutlichen Unterschied zwischen unserem Gott und Allah“, sagte der Sprecher der Hannoverschen Landeskirche, Johannes Neukirch, der „Bild“. Hermann Haarmann von der Bischöflichen Pressestelle in Osnabrück, sagte der WAZ: „Christen und Muslime beten nicht den selben Gott an.“ Er sei überrascht gewesen, dass die Ministerin die Gottesformel gewählt habe. Entscheidend aber sei, dass sie ihre Arbeit an eine höhere Macht angebunden habe, vor der sie sich rechtfertige. „Dies sehe ich positiv“, so Haarmann.
Grundsätzliche Frage
Auch das Bistum Essen äußerte sich kritisch: „Theologisch sind der Gott der Christen und der Gott des Islam nicht gleichzusetzen“, sagte Ulrich Lota. Für Christen sei Jesus Gottes Sohn, für Muslime nicht. Daher, so Lota, fügten syrische Christen, wenn sie beten, den Satz „Vater unseres Herrn Jesus Christus“ hinzu. Dies sei indes ein rein theologischer Disput, „gerade in unserem Bistum, das sich sehr um die Integration bemüht, wollen wir das Gemeinsame betonen“, so Lota. Beten alle Gläubigen, ob Juden, Christen oder Muslime, zu einem Gott? Oder sind Allah und der christliche Gott als verschiedene zu denken?
„Das ist eine grundsätzliche theologische Frage“, sagt Joachim Wiemeyer, Professor für Katholische Theologie an der Ruhr-Uni Bochum. Die drei großen monotheistischen Religionen Christentum, Judentum und Islam haben eine gemeinsame Wurzel in der Abrahamitischen Religion, die sich auf Abraham beziehen. „Viele Theologen sind der Ansicht, dass Muslime, Christen und Juden zu einem Gott beten“, so Wiemeyer, dennoch gebe es darüber häufig Streit. Jesus sei im Verständnis der Muslime nicht Gottes Sohn, auch die Dreifaltigkeit lehnen sie ab.
„Wir verehren einen Gott“
Muslime sind Gläubige, „die mit uns den einen Gott anbeten“, heißt es im Zweiten Vatikanischen Konzil, betont Werner Höbsch, zuständig für den interreligiösen Dialog am Erzbistum Köln. Er begrüße es daher, dass Aygül Özkan die Gottesformel gewählt hat. „Im Verständnis und in der Anbetung des einen Gottes aber unterscheiden sich die Religionen“, so Höbsch.
Ähnlich sieht es Ägidius Engel, Sprecher des Erzbistums Paderborn: „Wir verehren einen Gott. Im Ursprung sind wir gleich.“ Daher könne er es akzeptieren, dass eine Muslimin den Eid auf Gott leistet. Er sieht es als positives Signal, das den Dialog zwischen den Religionen befördern könne. In der Anbetung des gemeinsamen Gottes seien alle Gläubigen verbunden.