Berlin. .
Die Umfragewerte der CDU sacken ab. Erstmals seit 2006 liegt die Union im ARD-Deutschlandtrend nicht mehr vor der SPD. Daher verschärft sich in der Partei die Diskussion um die politische Richtung.
Wo wird denn in der Union über die Richtung diskutiert?
Mehreren Unions-Politikern geht es inzwischen erheblich gegen den Strich, dass die bürgerlichen, konservativen Werte der Partei offenbar kaum noch betont werden. Sie fordern einen deutlichen, konservativeren Kurs.
CSU-Chef Horst Seehofer gab zum Beispiel zu Bedenken, dass die Union frustrierte Anhänger ins Lager der Nichtwähler treibe. Der Ministerpräsident des Saarlandes, Peter Müller, warnte, die CDU könne ihren Charakter als Volkspartei verlieren.
Auch die CSU-Politiker Norbert Geis und Thomas Goppel hatten in der vergangenen Woche kritisiert, die Union vernachlässige ihr eigenes Klientel und müsse sich mehr um konservative Kreise kümmern, insbesondere um Katholiken. Die Vize-Parteivorsitzende Annette Schavan und der NRW-CDU-Politiker Armin Laschet sprachen sich am Wochenende allerdings gegen ein stärkeres konservatives Profil der Partei aus.
Klingt dramatisch. Steht es wirklich so schlimm um die CDU?
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin stichelte jedenfalls am Wochenende, die CDU müsse sich wie die SPD eben mit „dem Ende des Konzeptes Volkspartei“ abfinden. Kritiker in der CDU bemängeln vor allem, dass die Leitlinien der Regierung kaum erkennbar seien. „Es wird nicht hinreichend klar, von welchen Prinzipien wir uns leiten lassen“, sagte Peter Müller. Horst Seehofer fürchtet sogar: „Die Bürgerlichen gehen nicht auf die Straße, sie rollen nicht die Fahnen aus, sondern sie wählen den Weg der inneren Kündigung.“
Klingt wie ein Streit zwischen Realos und Fundis. Was sagt die Gegenseite?
Die findet alles halb so wild. „Wir sind konservativ. Aber wir sind mehr“, sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan der „Welt am Sonntag“. „Christdemokratie heißt, die Zeichen der Zeit erkennen und dort neue Wege gehen, wo dies mit Blick auf die eigenen Wertgrundlagen angesichts der Veränderungen der Gesellschaft notwendig ist.“
Als Beispiel nannte sie die Integrations- und Zuwanderungspolitik. In beiden Fällen wies sie zugleich Kritik der Schwesterpartei CSU zurück. Nachdem Seehofer eine gezielte Anwerbung ausländischer Fachkräfte zurückgewiesen hatte, sagte Schavan: „Wieso streiten wir über einen Satz, den wir miteinander vereinbart haben?“
Welche Rolle spielt Kanzlerin Angela Merkel dabei?
Die steht im Zentrum der Kritik von Seehofer. Der „Spiegel“ berichtete, dass Seehofer gerade im Modernisierungskurs von Angela Merkel die wesentliche Ursache für die derzeitige Schwäche der CDU/CSU sieht. So soll Seehofer im CSU-Parteivorstand vor wenigen Tagen den Merkel-Vertrauten Peter Altmaier harsch kritisiert haben. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion hatte in einem Interview ähnlich wie jetzt Schavan von „überholten Positionen“ der Union gesprochen, die korrigiert werden müssten.
Wie will die Partei den Richtungsstreit beilegen?
Der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kündigte an, dass sich das CDU-Präsidium Mitte September zu einer Klausur treffen wolle. Damit würden die Regionalkonferenzen begleitet, die die Partei zur Vorbereitung des Bundesparteitages plant. (ddp/rtr)