Krieg verändert alles. Auch die Kanzlerin. Angela Merkel hat sich die schleichende Misserfolgsgeschichte Afghanistan sehr lange auf Distanz gehalten. Unter Schwarz-Rot war das kontaminierte Thema bei einem überforderten Verteidigungsminister Jung und einem zwischen Amts- und Parteiräson gefangenen Außenminister Steinmeier abgelegt.

Die Eskalation der Gewalt zu Jahresbeginn hat die Lage verändert. Spätestens seit ihrem Auftritt bei der Trauerfeier für die am Karfreitag gestorbenen Soldaten spricht Deutschland nicht mehr verdruckst von „vernetzter Sicherheit“ und „Stabilisierungseinsätzen“. Sondern von Krieg. Spätestens seit diesem Tag ist der Einsatz in Afghanistan Merkels Einsatz. Chefsache.

Darum hat es auch eine andere Qualität, wenn der ersten Frau im Kabinett bei jedem weiteren toten Soldaten nichts Überzeugenderes einfällt als die unpräzise Parole vom Durchhalten. Die rhetorische Selbstverpflichtung, nicht aus der Räson im Nato-Bündnis aussteigen zu können, die ein Scheitern in Afghanistan bekannterweise per se nicht vorsieht, hat ihre Wirkung auf weite Teile des Publikums hierzulande längst verloren. Steigt der Blutzoll der Truppe an, und leider spricht in der von den Amerikanern stilisierten „Showdown-Situation-2010“ alles dafür, hat diese Regierung spätestens im Sommer in Umfragen 90 Prozent gegen sich. Was dann?

Gerhard Schröder hat die Bundeswehr 2002 an den Hindukusch beordert. Damals sprach man, weil die Sicherheitslage eben so war, fast idyllisch von „Bad Kundus“. Heute, das wissen wir jetzt, nicht selten ein Vorort der Hölle. Wenn Angela Merkel will, dass deutsche Soldaten trotz größter Gefahren für das eigene Leben dort weiter ausharren sollen, muss sie sich dafür neu und umfassend erklären – und verantworten. Sonst steht irgendwann auch sie auf verlorenem Posten.