Warschau/Essen. .
Posthum fliegen dem polnischen Präsidenten Kaczynski Sympathien zu, die er zu Lebzeiten nicht hatte. Davon könnte seine Partei PiS bei den vorgezogenen Wahlen profitieren. Nur: Wer soll jetzt für die PiS kandidieren?
Der Wawel, die Krakauer Königsburg, ist die Grabstätte von 17 polnischen Königen, zwei Heiligen und acht verehrten Nationalhelden wie Tadeusz Kosciuszko und Adam Mickiewicz. Hier bestattet zu werden, bedeutet die Aufnahme in die ewige Ruhmeshalle der polnischen Geschichte.
Am Dienstag entschieden die Hinterbliebenen des verunglückten Präsidentenpaares, dass Lech Kaczynski und Maria Kaczynska auf dem Wawel die letzte Ruhe finden sollen. Das Begräbnis ist am Sonntag, für den Samstag ist in Warschau eine Trauerfeier für alle 96 Opfer des Flugzeugabsturzes von Smolensk geplant. Dann sollen auch in Nordrhein-Westfalen die Fahnen auf Halbmast hängen.
Tausende nahmen persönlich Abschied
Schon jetzt lässt sich ahnen, wie ergreifend der Abschied in Warschau wird. Am heutigen Dienstag war der Leichnam der Präsidentengattin aus Russland in die polnische Hauptstadt überführt worden. Den Weg des Leichenwagens vom Flughafen zum Präsidentenpalast säumten zahlreiche Trauernde, das Auto war am Ende mit Blumen übersät. Im Präsidentenpalast, wo die Särge des Paares aufgebahrt wurden, nahmen Tausende persönlich Abschied.
Posthum, so scheint es, fliegen dem Präsidenten mehr Sympathien zu als zu Lebzeiten. Wird sich das noch einmal politisch auswirken?
Neuer Termin für die Präsidentschaftswahlen
Der Übergangspräsident Bronislaw Komorowski will am Mittwoch den neuen Termin für die im Herbst geplanten Präsidentschaftswahlen bekanntgeben. Nach dem Flugzeugabsturz ist Komorowski der einzige Kandidat, da neben Lech Kaczynski auch der Anwärter der Linken, Jerzy Szmajdzinski, umkam. Bislang hatte Komorowski, der der gemäßigt konservativen Bürgerplattform (PO) von Ministerpräsident Donald Tusk angehört, in den Umfragen haushoch geführt. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass die posthume Verehrung Lech Kaczynskis und seine zügige Erhebung zur historischen Persönlichkeit ersten Ranges die Verhältnisse wieder auf den Kopf stellen.
Wer der neue Kandidat seiner Partei PiS werden könnte, darüber gab es gestern nur Spekulationen: Online-Medien brachten den früheren Justizminister und heutigen EU-Abgeordneten Zbigniew Ziobro ins Spiel – und den Zwillingsbruder des Verstorbenen, Jaroslaw. (mit afp)