Brüssel. .
Die Europäische Union hat sich auf ein neues Tierversuchsgesetz geeinigt. Der Nutzen von Tierversuchen muss künftig genauer nachgewiesen werden und alternativlos sein. Auch sollen Labore strenger kontrolliert werden. Doch weder Pharmaindustrie noch Tierschützer sind begeistert.
Die Europäische Union verschärft die Regeln für Tierversuche zu Forschungszwecken. Parlament und Ministerrat haben sich jetzt im Prinzip auf ein neues Tierversuchsgesetz verständigt. Der Kompromiss befriedigt allerdings weder Pharmaindustrie noch Tierschützer: Vor allem die Regeln zum Einsatz von Affen sind umstritten.
Insgesamt legt die neue Richtlinie die Latte für den Einsatz von Labortieren höher. So muss der wissenschaftliche Nutzen von Tierversuchen in Medizin- und Grundlagenforschung detaillierter als bisher nachgewiesen werden. Falls es anerkannte Alternativen gibt, darf nicht am lebenden Tier experimentiert werden. Zudem sieht der Entwurf strengere Kontrollen der Labore vor.
Der Deutsche Tierschutzbund lobt die Neuregelung als Fortschritt. Der zuständigen Referentin Irmela Ruhdel geht sie allerdings nicht weit genug. So gebe es „keine klare Obergrenze für schwer belastende Versuche“, also für die Frage, wie viel Pein einem Tier maximal zugemutet werden darf. Außerdem hat Ruhdel Sorge, das künftige EU-Recht könne strengere Standards in Deutschland oder anderen Mitgliedsstaaten verhindern.
Tierschützer wollen Affen-Versuche unterbinden
Nach Ansicht der Tierschützer müssten Affen-Versuche komplett verboten sein. Nach dem geplanten EU-Gesetz sind sie indes in der Grundlagenforschung weiter erlaubt, sowie immer dann, wenn die getestete Medizin oder Medizintechnik Leben retten oder vor einer schweren Behinderung schützen kann. Dabei hätten sich die EU-Parlamentarier durch die „ganz massive Lobbyarbeit der Pharmaindustrie und der Forschungsgesellschaften“ beeinflussen lassen, klagt Ruhdel.
Doch auch die Medikamentenhersteller sind nur teilweise zufrieden. „Vieles ist sinnvoll gelöst“, so Rolf Hömke vom Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa). Allerdings würde die Richtlinie „wichtige Medikamentenprojekte in Europa unmöglich machen“. Außerdem werde der striktere Schutz des Einzeltieres dazu führen, dass insgesamt mehr Labortiere gebraucht würden. Auch sieht Hömke wachsende Schwierigkeiten für die Zulassung von Gentechnik-Präparaten. Die müssen vor dem Einsatz beim Menschen an Affen erprobt werden - was nur noch statthaft sein soll, wenn es um ganz schwere Krankheiten geht. Neue Gentech-Medikamente gegen Asthma oder Unfruchtbarkeit hätten keine Chance mehr nicht mehr, meint Hömke. Nachbesserungen seien „dringend nötig“.
Die Richtlinie muss noch formell vom EU-Ministerrat und dem gesamten Parlament verabschiedet werden. Damit ist nach Ansicht der federführenden Berichterstatterin, der CDU-Abgeordneten Elisabeth Jeggle, im Sommer zu rechnen. In Kraft tritt das neue Gesetz erst, wenn es in nationales Recht umgesetzt ist.