Karlsruhe. .
Die Bundesanwaltschaft hat beim Oberlandesgericht Stuttgart Anklage gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker erhoben. Die Behörde geht davon aus, dass Becker an der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback beteiligt gewesen war. Die 57-Jährige wurde 2009 festgenommen.
33 Jahre nach der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und seiner zwei Begleiter in Karlsruhe hat die Bundesanwaltschaft am Donnerstag Mord-Anklage gegen die Ex-RAF-Terroristin Verena Becker erhoben. Die 57-Jährige soll sich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten. Ihr wird Mittäterschaft an den Morden der Terrororganisation Rote-Armee-Fraktion vom 7. April 1977 vorgeworfen, wie die oberste Justizbehörde in Karlsruhe mitteilte.
Mit dem Anklagevorwurf der Mittäterschaft hat sich die Bundesanwaltschaft nicht der vorläufigen Bewertung des Bundesgerichtshofs angeschlossen, dass Verena Becker Beihilfe zu den Karlsruher Morden anzulasten sei. Für Beihilfe ist das Strafmaß wesentlich niedriger.
Allerdings hat die Bundesanwaltschaft danach weitere Ermittlungsergebnisse erhalten. Auch Akten des Verfassungsschutzes wurden inzwischen freigegeben. Darin sollen sich Protokolle eines Verfassungsschützers befinden, der in den 80er Jahren Gespräche mit Verena Becker führte.
Der Sprecher der Bundesanwaltschaft machte am Donnerstag keine weiteren Angaben zum Inhalt der Anklageschrift, da diese Becker noch nicht zugestellt sei.
Bei dem RAF-Anschlag waren der 57-jährige Generalbundesanwalt Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Justizbeamte erschossen worden. Die Terroristen entkamen auf einem Motorrad. Zu der Tat bekannte sich das RAF-Kommando „Ulrike Meinhof“. Wer die Schüsse abgab, ist bis heute ungeklärt.
DNA Beckers auf Bekennerschreiben
Als Täter galten lange Günter Sonnenberg, Knut Folkerts und Christian Klar. Verurteilt wurden Folkerts, Klar und Brigitte Mohnhaupt. Bei Sonnenberg wurde von einer Verurteilung abgesehen, weil er bereits wegen anderer Delikte zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.
Das erste Ermittlungsverfahren gegen Verena Becker war 1980 mangels Beweisen eingestellt worden. Sie war zusammen mit Sonnenberg am 3. Mai 1977 in Singen verhaftet worden. Zuvor lieferten sich die beiden Terroristen eine Schießerei mit der Polizei, bei der mehrere Beamte und sie selbst verletzt wurden. Wegen der Straftaten bei der Festnahme wurden sie zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Becker wurde 1989 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker begnadigt.
Nach mehr als 30 Jahren wurden Bekennerschreiben aus den 70er Jahren auf menschliche Zellen neu untersucht. In den Speichelspuren unter Briefmarken wurde die DNA von Verena Becker identifiziert. Am 20. August 2009 wurden Unterlagen in ihrer Wohnung in Berlin sichergestellt, die laut Bundesanwaltschaft den dringenden Tatverdacht begründen.
Becker kam in Untersuchungshaft, nach ihrer Haftbeschwerde wurde sie kurz vor Weihnachten wegen fehlender Fluchtgefahr wieder freigelassen. Im Falle eines Schuldspruchs droht Becker die Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.
Michael Buback, Sohn des Ermordeten, hatte wiederholt den Verdacht geäußert, dass Verena Becker Mittäterin war. Er hatte mit dem RAF-Aussteigers Peter Jürgen Boock gesprochen. Boock löste im April 2007 neue Ermittlungen aus, als er im „Spiegel“ Wisniewski und Sonnenberg als Täter nannte. Sonnenberg gilt als Fahrer des Fluchtmotorrads. Wisniewski wurde 1981 unter anderem wegen der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer zu zwei Mal lebenslänglich verurteilt und kam 1999 frei. Im April 2007 leitete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Wisniewski ein. (apn)