Hannover. .
Das Bundeskanzleramt will nicht alle Akten über das Atommülllager Asse dem Asse-Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags aushändigen. Politiker der Grünen kritisierten die Entscheidung des Kanzleramtes scharf.
Das Bundeskanzleramt will dem Asse-Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags nicht alle seine Akten über das Atommülllager Asse zur Verfügung stellen. Dies geht aus einem der Nachrichtenagentur ddp vorliegenden Schriftwechsel hervor. Politiker der Grünen kritisierten die Entscheidung des Kanzleramtes scharf. Die SPD bekräftigte unterdessen ihre Absicht, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) vor den Ausschuss zu laden. Über die Zuständigkeit für mögliche Transporte radioaktiven Abfalls in die Asse entbrannte ein Streit zwischen dem NRW- Wirtschaftsministerium und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS).
Der Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags soll die Pannen und Versäumnisse bei der Einlagerung von radioaktiven Abfällen in das Bergwerk im Kreis Wolfenbüttel aufklären. Im Januar bat die Landtagsverwaltung das Kanzleramt im Auftrag des Ausschusses um die Übersendung weiterer Akten. Die bisher vorgelegten Unterlagen deckten „lediglich einen sehr begrenzten Zeitraum“ ab, heißt es in dem Schreiben.
SPD in Niedersachsen will Befragung Rüttgers vor dem Untersuchungsausschuss
Das Kanzleramt schrieb am 23. März zurück, dem Ausschuss sei „nach eingehender Auswertung der vorliegenden Aktenbestände und nach rechtlicher Prüfung das den Untersuchungsgegenstand betreffende übersendungsfähige Schriftgut in Kopie zur Verfügung gestellt“ worden. In „wenigen Fällen“ sei von einer Übermittlung der Dokumente abgesehen worden, da diese sich auf den „geschützten Kernbereich des Regierungshandelns“ erstreckten. Voraussetzungen für ein „ausnahmsweises Beziehen von Beweismitteln aus dem Bereich des Bundes“ lägen nicht vor.
Der niedersächsische Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefan Wenzel, sagte ddp, tatsächlich habe das Bundeskanzleramt dem Ausschuss nur „einige wenige Seiten“ aus dem Zeitraum von 1976 bis 1981 geliefert. In das Bergwerk Asse wurde von 1967 bis 1978 Atommüll gebracht. „In der Schachtanlage Asse hat eine Gesellschaft, die im Eigentum des Bundes und des Landes Bayern stand, Rechtsbrüche begangen und einen gewaltigen Umweltschaden hinterlassen“, sagte Wenzel weiter. Behörden des Bundes seien an der Vertuschung dieser Vorgänge aktiv beteiligt gewesen.
Die SPD in Niedersachsen beharrt unterdessen auf einer Befragung von Rüttgers im Asse-Untersuchungsausschuss. Als „oberster Atomaufseher“ seines Bundeslandes solle Rüttgers aussagen, ob und in welchen Mengen hoch radioaktiver Müll aus dem Forschungsreaktor in Jülich in die Asse gebracht worden sei, erklärte die Umweltexpertin der Fraktion, Petra Emmerich-Kopatsch. SPD, Grüne und Linke werfen Rüttgers zudem vor, während seiner Zeit als Bundesforschungsminister Wassereinbrüche in das Bergwerk „vertuscht“ zu haben.
NRW-Wirtschaftsministerium weist Vorwürfe zurück
Der Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums, Joachim Neuser, wies die Vorwürfe zurück. Es seien keine hoch radioaktiven Brennelemente aus dem Forschungsreaktor Jülich in die Asse geliefert worden. Allenfalls seien in den 70er oder 80er Jahren Laborabfälle dorthin gebracht worden. „Aufklären kann dies aber nur das Bundesamt für Strahlenschutz, denn nur dort werden Transportgenehmigungen für radioaktive Abfälle vergeben“, sagte der Sprecher.
Das BfS hingegen verwies auf das Forschungszentrum Jülich als „Anlieferer der Abfälle“ und auf den damaligen Betreiber der Asse, das Helmholtz Zentrum München. Das BfS könne schon deshalb keine Auskunft über Transporte in den 70er und 80er Jahren geben, da die Behörde erst 1989 gegründet worden sei, sagte ein BfS-Sprecher. Außer im Fall von Kernbrennstoffen würden zudem alle Transporte von den jeweiligen Landesbehörden und nicht vom BfS genehmigt. (ddp)