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In Deutschland erkranken etwa 500 000 Menschen im Jahr neu an Krebs, so die Weltgesundheits-Organisation. Die Gesetzlichen Krankenversicherungen geben etwa 1,21 Milliarden Euro für Früherkennung aus. Doch nun mehren sich die kritischen Stimmen, die dies als „Irreführung der Menschheit” bezeichnen.

So Prof. Gerd Gigerenzer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. An seinem Institut wurde soeben die europäische Studie erstellt, die herausfand: 98 Prozent der deutschen Frauen überschätzen den Nutzen der Brustkrebs-Früherkennung „um das Hundertfache oder wissen nicht Bescheid“.

So werde vor allem der Nutzen des Brustkrebs-Screenings überschätzt, zu denen alle Frauen in Deutschland zwischen 50 und 69 Jahre eingeladen werden. Gigerenzer wie auch der Medizin-Journalist Klaus Koch von der Stiftung Warentest weisen immer wieder darauf hin, dass dank eines statistischen Zahlenverwirrspiels die weit verbreitete Meinung diese sei: Dank Mammografie sterben 30 von 100 Frauen weniger an Brustkrebs. „Dass es aber nur eine von tausend Frauen ist, die, bezogen auf einen Zeitraum von zehn Jahren, weniger an Brustkrebs stirbt, ist vielen komplett neu“, so Gigerenzer.

Auch Prof. Ingrid Mühlhauser vom Lehrstuhl für Gesundheitswissenschaften an der Uni Hamburg setzt sich für einen kritischeren Umgang mit der Vorsorge ein, zum Beispiel bei der Darmkrebs-Früherkennung: „Aus den verfügbaren Daten für Deutschland kann keine verlässliche Schätzung zum möglichen Nutzen und Schaden der Darmspiegelung gemacht werden. Sicher scheint nur, dass der Nutzen überschätzt und der Schaden unterschätzt wird.”

Führende Ärzte des Reviers, wie Prof. Wolff Schmiegel von der Universitätsklinik Bochum, weisen die Kritik uneingeschränkt zurück: „Die Darmspiegelung ist ein exzellentes Mittel, um Krebs zu verhindern.“