Hier kommt eine schlechte Nachricht für die FDP: Jürgen Rüttgers macht sein eigenes Ding. Und wenn er nicht schon längst leise, still und heimlich damit angefangen hätte, dann müsste man sagen: Samstag ist der offizielle Start dafür. Denn an diesem Samstag beginnen die Christdemokraten auf ihrem Parteitag in Münster die Operation Wiederwahl. Und dabei spielen die Liberalen bestenfalls eine Statistenrolle.
Natürlich würde Rüttgers gerne mit der FDP weiterregieren. Nur wird dies seit einiger Zeit unwahrscheinlicher. Also macht sich die CDU bereit für die Grünen. Seit einiger Zeit warnt der NRW-Premier vor „Rot-Rot“. Die Grünen, ohne die es dieses Bündnis nicht geben kann, lässt er weg. So macht man sich Freunde. Sie wird keinen „Lagerwahlkampf“ machen, sagt die CDU. Na klar: Dann wären die Grünen links eingetopft und für die CDU verloren. Es werde auch keine Zweitstimmen-Kampagne geben, streut die CDU. Ein augenzwinkerndes Signal an die Grünen zu Lasten der Liberalen. Die CDU werde keine Koalitionsaussage machen; demonstrativer kann man dem eigenen Partner dessen denkbare Entbehrlichkeit kaum vorführen.
Am Samstag auf dem Parteitag wird man Rüttgers reden hören können über faires Wachstum (Arbeitnehmer sollen angemessen profitieren, wenn die Wirtschaft wieder wächst), über Solidarität, vor allem mit der Gruppe, die das größte Armutsrisiko trägt im Land, die Alleinerziehenden. Damit pflegt er sein Kümmerer-Image und gräbt zugleich bei der SPD. Aber er wird auch sprechen über den nötigen Umbau des Energiesystems, Nordrhein-Westfalen ausrufen zur umweltfreundlichsten deutschen Industrieregion, die „Innovation City“ Ruhrgebiet beschwören, kurzum: Rüttgers wird die Union schwarzgrün streichen.
Die Liberalen werden dies alles als ungerecht empfinden. Privat vor Staat, die Abschaffung der Schulbezirke, die Entlassung der Unis aus der staatlichen Fürsorge in die auch ökonomische Freiheit, Studiengebühren inklusive - in wesentlichen Bereichen war die Rüttgers-Pinkwart-Koalition liberal geprägt. Den Koalitionsvertrag haben sie abgearbeitet, viel besser als die Schwarz-Gelben in Berlin. Vielen mag die Richtung nicht passen, aber unterm Strich haben die Düsseldorfer Wort gehalten. Rot-Grün unter Clement und Steinbrück, das waren Krach-Koalitionen. Schwarz-Gelb war eine effiziente Arbeits-Koalition. Alles das wird Liberalen im Kopf herumgehen, wenn sie heute an die Union denken. Nicht immer kommt man mit Treue ans Ziel. So ist das in der Politik, mag Rüttgers denken. Und sein Ding machen.