Fast auf den Tag genau sieben Jahre ist es her, dass der SPD-Kanzler Schröder die Agenda 2010 im Bundestag ausrief. Mit ihrem neuen Arbeitsmarkt-Programm verabschieden sich die Sozialdemokraten jetzt von Kernanliegen einer Reform, die große Teile der Partei ohnehin nie als „ihre“ Reform angenommen hatten.
Die gestrige Kehrtwende soll dabei vor allem eine politische Wirkung erzielen.
Das nicht antastbare Schonvermögen, gerade von Schwarz-Gelb verdreifacht, will die SPD ins Unendliche ausweiten, die Vermögensprüfung streichen. Da nur ein verschwindend geringer Teil der Hartz-Empfänger ein nennenswertes Vermögen vorweisen kann, wäre diese Änderung vor allem ein politisches Signal an die von allen Parteien umworbene Mittelschicht, wo Abstiegsängste herrschen.
Eine Ausweitung der Zahlung von Arbeitslosengeld I auf maximal 36 Monate, ebenfalls Teil des SPD-Katalogs, wäre eine Abschwächung des Prinzips „Fördern und Fordern“. Gleichzeitig brächte sie, was nicht zu unterschätzen ist, ein Stück mehr gefühlte Gerechtigkeit; denn der Gedanke, dass derjenige, der länger eingezahlt hat, auch länger unterstützt werden muss, ist weit verbreitet. Richtig bleibt aber, dass eine Arbeitslosenversicherung eine Risiko-Versicherung ist – und keine Sparkasse.
Die Hartz-Reform hat, bei allen Mängeln, den Arbeitsmarkt durchlässiger und flexibler gemacht. Dass in den Jahren der boomenden Wirtschaft die Zahl der Stellen in Deutschland massiv anstieg und die Arbeitslosenzahlen sanken, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen. Das aber blenden viele Genossen jetzt aus. Dass die SPD sich nun von Hartz abwendet, ist zum einen eine Reaktion auf das Debakel bei der Bundestagswahl, zum anderen der anstehenden Wahl in NRW geschuldet. Die Abkehr von Hartz mag kurzfristig Wähler anziehen; ein schlüssiges Konzept, ein klare Position stellt das neue Programm nicht dar.