Essen/München/Rom.

. Der Vatikan hat jede direkte Verwicklung von Papst Benedikt XVI. in einen Missbrauchs-Skandal in seiner früheren Diözese zurückgewiesen. Das Erzbistum München und Freising hatte am Freitag bestätigt, dass 1980 ein pädophiler Priester unter Zustimmung des damaligen Erzbischofs Joseph Ratzinger vom Bistum Essen nach München versetzt wurde.

Er sei ein „Priester zum Anfassen“ gewesen, trauerte die Lokalzeitung dem Pfarrer nach, der nach 21 Jahren in einem oberbayerischen Pfarrverband 2008 überraschend versetzt wurde. Ein am Samstag von der „Süddeutschen Zeitung“ dargestellte Werdegang des verurteilten Pädophilen sorgt jetzt für Kopfschütteln. Nach einer Ferienfreizeit in der Eifel soll sich der Geistliche 1979 an seinem damals elfjährigen Opfer vergangenen haben.

Die SZ verweist auf eine eidesstattliche Erklärung, nach der der Priester den Jungen zum Oralverkehr gezwungen haben soll. Für den damaligen Ruhrbischof Franz Hengsbach war der Geistliche nicht mehr tragbar. Der Kaplan wurde sofort suspendiert und nach München geschickt, um sich dort einer Therapie zu unterziehen. Unter dieser Maßgabe stimmte das damals von Kardinal Joseph Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., geführte Bistum der Versetzung zu. 1980 sei beschlossen worden, dem Geistlichen „Unterkunft in einem Pfarrhaus zu gewähren, damit er eine Therapie wahrnehmen könne“, teilte das Erzbischöfliche Ordinariat mit. „Wir wollten aber nicht, dass er den ganzen Tag nichts zu tun hat“, sagte der damalige Generalvikar Gerhard Gruber (81) der SZ. Gruber übernahm also am Wochenende „die volle Verantwortung“ dafür, dass der Essener Kaplan uneingeschränkt in der Münchner Pfarrei arbeitete.

Ein zweites Mal suspendiert

1982 wurde der Geistliche aus NRW nach Grafing versetzt, um dort mitzuarbeiten - bis er Anfang 1985 ein zweites Mal von seinem Dienst als Seelsorger suspendiert wurde. Die Polizei hatte Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs aufgenommen - und im Juni 1986 wurde der Priester zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten sowie zu einer Geldstrafe verurteilt. Ein Jahr lang arbeitete der Priester danach in einem Altenheim - bis ihn das Erzbistum München und Freising in der Gemeinde in Oberbayern einsetzte. Er habe an die Rehabilitierung des Pfarrers geglaubt und sei bis heute davon überzeugt, so Gruber.

Das dürfte wohl auch der Grund sein, weshalb Mitarbeiter des Ruhrbistums Essen nach eigener Aussage „richtig blöd behandelt“ worden sind, als sie bei einer Überprüfung alter Missbrauchsfälle auch in München nach dem Ex-Kaplan gefragt haben. „Alles in Ordnung“, hieß es da am anderen Ende der Leitung.