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Als Schulleiterin Margarita Kaufmann vor Journalisten im Namen der Schule ihre Entschuldigung ausspricht, bricht ihre Stimme. „Wir wissen von 24 Altschülern, die an der Odenwaldschule missbraucht wurden“, sagt sie. Das Leid der Altschüler könne die Schule nicht wieder gut machen. „Aber wir können sagen, dass es Leid war“, erklärt die Schulleiterin. Zuvor hatten Medien über ein sexualisiertes Klima an der Schule, die auch Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit zu ihren Altschülern zählt, berichtet. Zwei Lehrer sollen sich ein Mädchen „geteilt“ haben. Wer etwas bemerkt oder gesagt habe, sei „sofort als Spießer geächtet“ worden, zitiert die „Frankfurter Rundschau“ einen Ex-Schüler.

Der offenbar weit verbreitete Missbrauch soll zwischen 1970 und 1985 geschehen sein, in einer Zeit, in der das Sexualstrafrecht umstritten war. Viele Liberale und Grüne forderten, einvernehmlichen Sex mit Minderjährigen nicht mehr unter Strafe zu stellen. Die Grünen lösten 1985 mit einem vom Landesverband NRW beschlossenen Diskussionspapier (Lüdenscheider Beschluss) regelrecht einen Skandal aus. Darin forderten sie die Abschaffung des §176 StGB, der den sexuellen Missbrauch von Kindern unter Strafe stellt. Als Begründung unterschieden sie zwischen „gewaltsamen sexuellen Missbrauch“ und „gewaltfreiem Kindersex“. Später rückten die Grünen von ihrer Haltung ab. Volker Beck etwa führte viele Gespräche mit Opferschutzorganisationen – und sorgte mit dafür, dass der zuvor umstrittene § 176 nicht nur belassen, sondern um den §176a – schwerer sexueller Missbrauch von Kindern – erweitert wurde.