Margot Käßmann betrunken am Steuer. Das gehört in die Kategorie von Nachrichten, die man zweimal liest, um sie glauben zu können. Man möchte es so gerne eine menschliche Tragödie nennen.

Margot Käßmann betrunken am Steuer. Das gehört in die Kategorie von Nachrichten, die man zweimal liest, um sie glauben zu können. Man möchte es so gerne eine menschliche Tragödie nennen. Doch damit würde man sie zu leicht aus der Verantwortung für ihr Handeln entlassen. Denn das war verantwortungslos. Über 1,5 Promille im Blut, das ist nicht nur das eine Gläschen über den Durst.

Und doch darf man die Verfehlung der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche als tragisch empfinden, weil sie über das Persönliche hinaus eine schöne Geschichte mit einer bitteren Schlusspointe vergiftet. Denn wer außer den ewig Gestrigen wollte nicht den Mut der Protestanten loben, eine Frau an ihre Spitze gewählt zu haben? Eine geschiedene Frau, eine streitbare Frau, die sich nicht um einen Heiligenschein bewirbt, sondern die Brüche in ihrem Leben offensiv vertritt. Wer diesen Fortschritt als solchen anerkennt, kann Margot Käßmann das Scheitern nicht wünschen.

Genau das droht ihr aber nun, denn selbst wenn die Kirche den Sündern vergibt: Als moralische Instanz, die Margot Käßmann gerade auch in gesellschaftlichen Fragen sein will, hat sie an Glaubwürdigkeit verloren.